Diese Veranstaltungen sind längst durchkommerzialisiert; Autohersteller präsentieren Neuwagen, Auktionshäuser hoffen auf den nächsten Rekord-Ferrari. Wer das elitäre Gehabe um alte Autos anstrengend findet, es aber trotzdem traditionell mag, sollte Richtung Osten fahren - in die Karpaten.
Im rumänischen Örtchen Sinaia findet jedes Jahr der Concursul de Eleganta statt. Das Treffen von Automobilenthusiasten geht auf das Jahr 1934 zurück. Das Vorurteil, altes Blech sei in Rumänien nur im Alltagsverkehr und nicht auf Ausstellungsplätzen zu finden, vergisst man hier ganz schnell.
Einen Mercedes SL Flügeltürer oder Jaguar E-Type sucht man zwar vergeblich, aber dafür nehmen sich die Teilnehmer auch nicht so wichtig und zeigen herausgeputzte Exemplare eines Renault 15 TS oder Dacia 1300.
Der Eintritt ist kostenlos, die Autos parken ohne Absperrung auf einem Schlossgelände, dazwischen tummeln sich Kinder. Probesitzen in den Oldtimern ist für sie erlaubt.
Die jüngste Ausgabe des Concursul fand Ende Juni statt (die nächste wird es am 24. Juni 2017 geben) und die Szene ist überschaubar - aber Autoklassiker spielen in Rumänien mittlerweile das ganze Jahr über eine Rolle: Es gibt eine florierende Restaurationsbranche.
Catalin-Cedric Ghigea betreibt die Werkstatt Oldtimer Studio in dem Dorf Moara Vlasiei in der Nähe von Bukarest. "Das niedrigere Lohnniveau und die handwerklichen Fähigkeiten unserer Mitarbeiter sorgen für volle Auftragsbücher", sagt er. "Wir haben hier noch bezahlbare Handwerker, die an einer Mercedes Pagode die Sitze mit der richtigen Rosshaarunterlage aufarbeiten können oder die Karosserie eines Jaguar XK in Handarbeit restaurieren."
Originalität vor Originaltreue
Hinzu kommt wohl auch ein gewisses Maß an Improvisationslust. "Man Power statt teures Neuteil", lautet ein Credo von Ghigea. Anders gesagt: Originalität vor Originaltreue. Das scheint für viele Kunden aus Westeuropa interessant zu sein. "Zu unserem Angebot gehört eine große Fahrzeughalle für die Einlagerung", erzählt Ghigea und deutet auf einen Neubau, in dem rund 60 Fahrzeuge aller Klassen parken. Der Transport aus dem Ausland wird bei Bedarf übernommen, die Restauration der Fahrzeuge auf Fotos dokumentiert.
Die Ergebnisse sind durchaus vergleichbar mit westlichen Standards. Aktuell ist die Anzahl der Betriebe überschaubar, was zu einer guten Auslastung und zu Wartezeiten in den bestehenden Oldtimer-Werkstätten führt.
Ein wirklicher Boom ist wohl auch nicht zu erwarten, die Sorge um hohe Transportkosten und Qualitätsmängel werden sich wohl kaum ganz ausräumen lassen. Für kleinere Arbeiten lohnt es sich schließlich nicht, den Wagen bis nach Rumänien zu schaffen.
Auch der Concursul de Eleganta in Sinaia wird erst einmal ein Geheimtipp bleiben und die rumänische Oldtimerszene unter sich. Es gibt allerdings schon jemanden, der aus dem Kreis an Sammlern herausragt. Ein Mann, dessen Name zumindest Tennisfans noch geläufig sein wird: Ion Tirirac.
Wo Boris Becker in den Achtzigern und Neunzigern aufschlug, saß Tiriac als sein Manager meist im Publikum. Laut der Forbes-Liste aus dem vergangenen Jahr hat der heute 76-Jährige ein Vermögen von rund einer Milliarde Dollar angehäuft. Einen Teil davon hat er in klassische Autos investiert, insgesamt umfasst sein Fuhrpark 350 Fahrzeuge.
Zahlreiche Exemplare der Luxuskarosse Rolls-Royce Phantom sind darunter, ansonsten kauft er einfach, was ihm gefällt und in Spitzenzustand ist. Zum Beispiel ein Mercedes 540 K oder Bugatti Type 57 mit einer Karosserie von Ventoux. Geparkt sind die Autos unweit des Bukarester Flughafens, wo 25 Mitarbeiter die Sammlung in Schuss halten.
In seiner Heimat ist Tiriac meistens in einem Mercedes 600 aus den Sechzigerjahren unterwegs - und schwört laut einer Anekdote auf die rumänische Improvisationskunst: Als bei seinem 600er ein sündhaft teures Hydraulikteil ersetzt werden musste, bastelte seine Werkstattcrew angeblich so lange an dem defekten Bauteil herum, bis es mit einem Materialeinsatzes von wenigen Cent wieder seinen Dienst verrichtete.
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