"Der fortbestehende Skandal, dass in der Bundesrepublik Deutschland weiterhin Männer mit dem Stigma leben müssen, vorbestraft zu sein, weil sie schwul sind, muss ein Ende haben", heißt es demnach in einem Schreiben der Abgeordneten Katja Keul und Volker Beck an Parlamentskollegen. Mit dem Paragrafen 175 aus dem Kaiserreich und der NS-Zeit wurden laut der Antidiskriminierungsstelle des Bundes bis 1994 etwa 53.500 Männer aufgrund ihrer sexuellen Orientierung verfolgt und zu teils mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Zudem verloren sie oft Arbeitsplatz und Wohnung und wurden sozial ausgegrenzt.
Justizminister Heiko Maas (SPD) hatte im Mai eine Rehabilitation und Entschädigung der nach dem Paragrafen verurteilten Männer angekündigt. Ein Eckpunktepapier stellt in Aussicht, die Urteile aufzuheben, doch der Zeitplan ist nach wie vor offen.
Die Betroffenen sind alt, die Zeit drängt
Um das Verfahren voranzutreiben, verschickten die Grünen dem Bericht zufolge einen Gesetzesentwurf an Politiker aller Fraktionen, die mit dem Thema befasst sind. Die Zeit dränge, schrieben Keul und Beck in einem beigefügten Brief. "Angesichts des Alters der Betroffenen und der inzwischen sehr langen Debatte sollten aber bis zum Ende der Sommerpause die Weichen zu einer schnellen Entscheidung des Bundestages gestellt werden." Die Partei strebt einen überparteilichen Konsens in dieser Frage an.
Homosexuelle Handlungen waren bei Gründung des Deutschen Kaiserreichs 1871 unter Strafe gestellt worden, die Nationalsozialisten verschärften die Repressionen 1935 noch einmal. In dieser Form übernahm die Bundesrepublik die Vorschriften ins Strafgesetzbuch. In Westdeutschland wurde der Paragraf erst 1994 abgeschafft, in der DDR bereits 1968. In der NS-Zeit ergangene Urteile gegen Homosexuelle wurden 2002 aufgehoben, Urteile aus der Zeit danach jedoch nicht.
Tags: