Berichte: USA verlagern Atomwaffen von der Türkei nach Rumänien

  19 Auqust 2016    Gelesen: 717
Berichte: USA verlagern Atomwaffen von der Türkei nach Rumänien
Die USA sollen heimlich mit einer Verlagerung ihrer Atomwaffen aus der Türkei nach Rumänien begonnen haben. Damit würden nukleare Raketen so nahe an Russland rücken wie noch nie. Ob die einschneidende Maßnahme wirklich schon erfolgt ist oder es sich nur um eine Drohung in Richtung Russland handelt ist unklar.
Die israelische Militär-Website DebkaFile und das transatlantische Portal Euractiv berichten übereinstimmend, dass die USA wegen der Spannungen mit der Türkei damit begonnen hätten, ihre Atomraketen vom türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik in den rumänischen Stützpunkt Deveselu zu verlagern. Sowohl DebkaFile als auch Euractiv schreiben, dass der Abzug bereits begonnen habe. DebkaFile berichtet, dass die Entscheidung nach dem Putsch gefallen sei, weil die Türkei reklamiert haben soll, die Kontrolle über die Nuklearwaffen zu übernehmen. Das israelische Magazin nennt eigene anonyme Quellen und spricht von einer die Grundfesten des Nahen Ostens erschütternden Entwicklung.

Die Sprecherin der US-Luftwaffe, Deborah Lee James, hatte noch am Mittwoch im Foreign Press Club in New York City Spekulationen dementiert, wonach die US-Nuklearwaffen aus der Türkei verlagert werden sollen. Das militärische Analyseportal Southfront zitiert Lewis: „Wir haben Nuklearwaffen und sie sind sicher. Da sind wir uns sicher.“

Jeffrey Lewis vom Middlebury Institute of International Studies dementierte die EurActiv-Meldung per Twitter: „Nein. Die USA verlegen ihre Nuklearwaffen nicht von der Türkei nach Rumänien. Zum einen gibt es in Devesul kein Lagersystem, um Nuklearwaffen in den Flugzeughangars in Unterflurmagazinen zu lagern. Zum anderen gibt es keinen Ort in Rumänien, wo die B61 gelagert werden können.“ Lewis argwöhnt auf Twitter, die Informationen von Euractiv könnten von Russland gestreut worden sein, um in Rumänien Unruhe zu schüren.

Ob diese Dementis zutreffen oder taktischer Natur sind, ist nicht zu beurteilen. Der Bericht von Euractiv lässt erkennen, dass das Magazin Informationen aus den USA bekommen hat. Ob diese allerdings wirklich eine Realität schildern oder als Drohgebärde in Richtung Moskau zu interpretieren sind, ist unklar.

Euractiv schreibt wörtlich:

Die Beziehungen werden frostiger, Spannungen steigen. Nach dem gescheiterten Putschversuch entschieden sich die USA offenbar, ihre Atomraketen aus der Türkei abzuziehen. Beim Transfer der amerikanischen Atomwaffen nach Rumänien soll es zu politischen und technischen Schwierigkeiten gekommen sein. “Es ist nicht einfach, mehr als 20 Atomraketen von A nach B zu bringen”, betont EurActivs Quelle, die an dieser Stelle nicht genannt werden möchte.

Seit dem Kalten Krieg lagerten am türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik etwa 50 taktische Atomraketen der USA – etwa 100 Kilometer von der syrischen Grenze entfernt, so ein Bericht des Simson Centers. Während des gescheiterten Putschversuchs in der Türkei im Juli wurde Incirlik der Strom abgestellt. Die Regierung untersagte amerikanischen Fliegern, den Stützpunkt anzufliegen oder ihn zu verlassen, und inhaftierte schließlich den dortigen Kommandeur wegen angeblicher Beteiligung am Putschversuch. Ob die USA im Falle eines verlängerten Bürgerkonflikts noch Kontrolle über die Waffen gehabt hätten, ist dem Bericht zufolge unklar.

Die Beziehungen zwischen der Türkei und den USA hätten sich seit dem Coup so sehr verschlechtert, dass Washington Ankara mit den Waffen nicht länger über den Weg traue, betont eine andere Quelle ebenfalls unter der Bedingung der Anonymität. Daher würden die Atomraketen nun nach Rumänien zum Luftwaffenstützpunkt Deveselu gebracht. Ganz in der Nähe der Stadt Caracal, die seit Kurzem ein Raketenabwehrsystem der USA beherbergt – sehr zum Missfallen Russlands.

Rumänien war im Kalten Krieg ein Bündnispartner der Sowjetunion. Dennoch wurden in dieser Zeit dort nie Atomwaffen gelagert. Dass nun US-amerikanische Nuklearraketen so nahe an Russlands Grenzen positioniert werden, treibt Moskau wahrscheinlich zur Weißglut. Es könnte zur Eskalation kommen. Man erinnere sich nur an den drohenden Atomkrieg, als Russland 1961 Nuklearwaffen auf Kuba stationierte.

EurActiv bat die Außenministerien der USA, der Türkei und Rumäniens um Stellungnahmen. Sowohl die türkischen als auch die amerikanischen Behörden versprachen, bald zu antworten. Einige Stunden später hieß es vom US-Außenministerium, man solle sich an das Verteidigungsministerium wenden.

In der Zwischenzeit meldete sich die NATO mit einem sehr diplomatisch formulierten Kommentar zu Wort. Die Bündnispartner müssten gewährleisten, dass die US-Atomraketen in Europa “sicher” gelagert würden. “Was Ihre Frage betrifft, verweisen wir Sie auf das Kommuniqué des NATO-Gipfels in Warschau (veröffentlicht am 9. Juli 2016), Paragraph 53: Die NATO-Position der nuklearen Abschreckung setzt zum Teil auf die Stationierung US-amerikanischer Atomwaffen in Europa sowie auf die Kompetenzen und Infrastrukturen der betreffenden Bündnispartner. Diese Bündnispartner stellen sicher, dass sämtliche Komponenten der nuklearen Abschreckung der NATO sicher und funktionstüchtig bleiben”, heißt es im Schreiben eines NATO-Sprechers an EurActiv.

Der Nato-Gipfel in Warschau fand nur wenige Tage vor dem Putschversuch in der Türkei statt. Zu dieser Zeit bezogen sich die Risiken der Atomwaffenstationierung in Incirlik noch auf die geographische Nähe zum syrischen Bürgerkrieg und die vielen Terroranschläge in der Türkei innerhalb nur weniger Monate. Für manche Attentate machte Ankara den Islamischen Staat verantwortlich, für andere wiederum die kurdische Militärorganisation PKK, die sowohl in der EU als auch in den USA auf der Terrorliste steht.

Rumänien streitet alles ab

Das rumänische Außenministerium stritt ab, inzwischen US-Atomraketen zu beherbergen. “Bezüglich ihrer Frage weist das rumänische Außenministerium die von Ihnen herangezogenen Informationen entschieden zurück”, schreibt ein Sprecher.
Auch im Kalten Krieg wurden durchgesickerte Informationen zur Stationierung amerikanischer Nuklearwaffen in Europa nie offiziell bestätigt. Es ist jedoch allgemein bekannt, dass in Belgien, den Niederlanden, Italien und auch in Deutschland Atomwaffen aus den USA lagern.

Frostige Beziehungen

Seit dem gescheiterten Staatsstreich in der Türkei haben die Beziehungen zwischen Washington und Ankara einen neuen Tiefstand erreicht. Ankara glaubt, die US-Regierung unterstütze den in Pennsylvania lebenden Exil-Prediger Fethullah Gülen. Ihm wird vorgeworfen, den Putschversuch angezettelt zu haben. Die türkische Regierung fordert daher seine Auslieferung. Beim kommenden Türkeibesuch des US-Vizepräsidenten Joe Biden am 24. August wird dieses Thema womöglich noch immer viel Raum einnehmen.
Gülen habe in der Tat viel Unterstützung von der CIA bekommen, schrieb Arthur H. Hughes, ein pensionierter US-Botschafter, gestern in einem EurActiv-Standpunkt.
Russland macht sich die türkisch-amerikanischen Spannungen zunutze. In den westlichen Ländern ist man besorgt, dass Moskau zunehmend attraktiver auf das NATO-Mitglied Türkei wirken könne. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan stellte bereits mehrfach unverblümt heraus, er fühle sich von den USA und der EU im Stich gelassen.

Quelle:euractiv.de

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