Armut in Deutschland: Millionen Familien können sich keinen Urlaub leisten

  30 Auqust 2016    Gelesen: 767
Armut in Deutschland: Millionen Familien können sich keinen Urlaub leisten
Nicht mal eine einwöchige Urlaubsreise können sich Millionen von Familien in Deutschland leisten, rund 24 Prozent der Kinder und Jugendlichen sind betroffen. Allerdings hat sich die Lage gebessert, anders als im Rest der EU.
Die Ferienzeit geht langsam zu Ende, doch viele Familien dürften die schulfreien Wochen Zuhause verbracht haben. Rund 3,4 Millionen Kinder und Jugendliche leben in Haushalten, die sich nicht einmal eine einwöchige Urlaubsreise leisten können. Das zeigen Zahlen der Europäischen Statistikbehörde Eurostat, wonach 23,8 Prozent aller unter Achtzehnjährigen in Deutschland betroffen sind - jeder vierte aus der Altersgruppe.

Insgesamt leben 16,7 Millionen Menschen in Deutschland in Haushalten, die zu arm für Urlaubsreisen sind. Das hatte die stellvertretende Linken-Fraktionsvorsitzende Sabine Zimmermann bei Eurostat erfragt und veröffentlicht. "Kinder und Jugendliche bekommen häufig zu spüren, was Armut bedeutet", sagt Zimmermann. "Besonders in der Ferienzeit ist es natürlich bitter, wenn sie gerne verreisen würden, es aber nicht geht."

Ein genauerer Blick auf die Eurostat-Zahlen zeigt allerdings auch: Die Lage hat sich in den vergangenen Jahren gebessert - jedenfalls in Deutschland. Der Wert schwankte in den vergangenen zehn Jahren, lag aber mit 23,8 Prozent im Jahr 2014 (aktuellere Zahlen liegen nicht vor) deutlich unter den 34,7 Prozent aus dem Jahr 2006. Europaweit hat sich dagegen kaum etwas geändert. Der Wert für die 28 EU-Mitgliedstaaten schwankt seit zehn Jahren um die 40 Prozent.

Die Statistiker erheben die Daten in einer Befragung zu "materieller Entbehrung": Die Haushalte müssen also selbst angeben, dass sie gern verreisen würden, es sich aber nicht leisten können, oder dass sie Schwierigkeiten hatten, größere Ausgaben zu tätigen, ihre Wohnung zu heizen oder sich vernünftige Mahlzeiten zu leisten.

Im EU-Vergleich schneidet Deutschland recht gut ab, aber auch hier leben Eurostat zufolge 5,5 Millionen und damit 38 Prozent aller unter Achtzehnjährigen in einem Haushalt, der Schwierigkeiten hatte, unerwartete Ausgaben von mehreren Hundert Euro aus eigenen Mitteln zu bestreiten. 1,2 Millionen unter Achtzehnjährige lebten 2014 in Haushalten, die Probleme hatten, die Miete rechtzeitig zu begleichen.

Mehr als sechs Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland leben in Familien, die sich nicht regelmäßig fleisch- oder eiweißhaltige Mahlzeiten leisten können, das sind fast 900.000 junge Menschen. Auch diese Zahl ist deutlich niedriger als vor zehn Jahren und liegt deutlich unter dem EU-Durchschnitt von fast zehn Prozent.

Insgesamt sind laut Eurostat fünf Prozent der Minderjährigen in Deutschland von deutlicher materieller Entbehrung betroffen. Der Wert schwankte seit 2007 zwischen 4,8 und 7,1 Prozent, mit sinkender Tendenz. Zimmermann nennt es "beschämend", dass Kinder und Jugendliche in einem der reichsten Länder der Erde von finanziellen Problemen und Einschränkungen betroffen sind. EU-weit allerdings liegt dieser Anteil bei mehr als zehn Prozent - von 1,1 Prozent Betroffenen in Schweden bis zu mehr als 38 Prozent in Bulgarien.

Quelle : spiegel.de

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