Giftgasangriffe werden wohl nicht bestraft

  31 Auqust 2016    Gelesen: 311
Giftgasangriffe werden wohl nicht bestraft
Eine Kommission der Vereinten Nationen ist sich sicher: Die syrische Armee und die Terrormiliz IS haben Chemiewaffen eingesetzt. Konsequenzen wird das aber anscheinend vorerst nicht haben. Russland erkennt den UN-Bericht nicht an.
Russland hat seinen Verbündeten Syrien im UN-Sicherheitsrat gegen den Vorwurf des Chemiewaffen-Einsatzes in Schutz genommen. Der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin verweigerte dem Bericht einer UN-Kommission, der den Einsatz der international geächteten Waffen in Syrien als erwiesen ansieht, die Anerkennung. Nach einer Sitzung des Rats wies er die Forderungen der USA und anderer Länder nach Strafmaßnahmen zurück.

"In dem Bericht wird niemand genannt, gegen den Sanktionen verhängt werden könnten", sagte Tschurkin in New York. "Er enthält keine Namen, keine Details, keine Fingerabdrücke." Zwar sei es "höchst wahrscheinlich", dass das Giftgas Chlorin eingesetzt worden sei, sagte der Diplomat. Nach russischer Lesart sei aber keineswegs geklärt, wer dafür verantwortlich war. Seine Regierung sehe "eine Menge offener Fragen", sagte Tschurkin.

Bericht: Auch IS verübte Giftgasangriff

Großbritannien und Frankreich betrachten die Schuld der syrischen Regierung am Einsatz der Giftgas-Waffen hingegen als erwiesen. Sie forderten in der Sitzung des Sicherheitsrates Strafmaßnahmen gegen die Verantwortlichen. Die Botschafter Matthew Rycroft aus Großbritannien und François Delattre aus Frankreich warfen der syrischen Führung unter Präsident Baschar al-Assad "Kriegsverbrechen" vor. Der Sicherheitsrat, zu deren fünf ständigen Mitgliedern Frankreich und Großbritannien gehören, müsse sich zu einem "Existenzkampf" gegen Massenvernichtungswaffen vereinen, sagte Delattre. Auch Deutschland und die USA hatten nach Bekanntwerden des Berichts vergangene Woche Konsequenzen gefordert. Allerdings dürften Sanktionen gegen Syrien wie bereits in der Vergangenheit am Veto Russlands scheitern.

Eine UN-Untersuchungskommission hatte in der vergangenen Woche ihre Befunde zum Einsatz chemischer Waffen in Syrien in neun Fällen vorgelegt. In zwei Fällen in den Dörfern Talmenes und Sarmin habe dies eindeutig der syrischen Armee zugeordnet werden können, in einem weiteren Fall dem IS. Die giftigen Substanzen seien aus Hubschraubern der syrischen Luftwaffe auf die Dörfer abgeworfen worden.

Syrien sieht keine Beweise

Syriens UN-Botschafter Baschar Dschaafari sprach den Befunden die Glaubwürdigkeit ab. Es gebe keine "materiellen Beweise" für die Vorwürfe gegen die Regierungstruppen, sagte er in New York. Die Ergebnisse der Untersuchung beruhten auf "den Aussagen von Zeugen, die von bewaffneten terroristischen Gruppen" gestellt worden seien.

Russland ist militärischer und politischer Verbündeter der Assad-Regierung in Damaskus. Seine Stellung als Vetomacht im Sicherheitsrat hatte es mehrfach genutzt, um Verurteilungen und Sanktionen von Syrien abzuwenden.

Die Menschenrechtsgruppierung Human Righs Watch kritisierte das russische Vorgehen scharf. Moskau behindere den Sicherheitsrat und blockiere die Weitergabe des Falles an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, kritisierte der UN-Experte der Organisation, Louis Charbonneau. "Der Sicherheitsrat vermindert seine eigene Bedeutung, wenn er sich nicht klar gegen den erwiesenen Einsatz von Chemiewaffen durch die syrische Regierung stellt."

Unter massivem internationalen Druck war Syrien 2013 der Chemiewaffenkonvention beigetreten. Assad hatte sich verpflichtet, sämtliche Chemiewaffen zu zerstören. Die Dschihadistenmiliz IS benutzte nach Erkenntnissen der UN-Experten am 21. August 2015 im Ort Marea nahe Aleppo das hochgiftige Senfgas. In sechs untersuchten Fällen von Chemiewaffeneinsatz konnten die UN-Experten die Urheberschaft nicht eindeutig klären.

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