Zu Gast bei Feinden

  01 September 2016    Gelesen: 555
Zu Gast bei Feinden
„Trump go home“, fordern Demonstranten in Mexiko. Im Präsidentenpalast spricht der Republikaner unterdessen über seine Pläne zum Mauerbau. Mexikos Staatsoberhaupt widerspricht anschließend auf Twitter.
Seit Monaten schimpft Donald Trump auf mexikanische Einwanderer, jetzt hat der republikanische Präsidentschaftskandidat dem südlichen Nachbarland einen Überraschungsbesuch abgestattet. „Ich habe großen Respekt vor den Mexikanern in den Vereinigten Staaten, vor ihrem Glauben, ihren Familienwerten und ihrer Gemeinschaft“, schmeichelt er nach einem Treffen mit Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto am Mittwoch. „Ich habe vielen von ihnen Arbeit gegeben. Das sind großartige Leute.“

Bei der Ankündigung seiner Kandidatur hatte er Mexikaner noch als Drogenhändler und Vergewaltiger verunglimpft. „Das hat viele Leute beleidigt“, sagt Peña Nieto. „Die Mexikaner haben Respekt verdient.“ Auch in früheren Äußerungen hatte Mexikos Präsident die Äußerungen des Republikaners scharf kritisiert und ihn in die Nähe faschistischer Politiker wie Adolf Hitler und Benito Mussolini gerückt.

Zwar reden die beiden Männer in der Präsidentenresidenz eingerahmt von Flaggen vor dem mächtigen Staatswappen von „offenen und konstruktiven“ Gesprächen, doch die Einschätzung der Beziehung könnte unterschiedlicher nicht sein. Peña Nieto betont die großen Chancen der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, spricht von einer Million Menschen, die täglich legal die verkehrsreichste Grenze der Welt überschreiten, beschwört die Dynamik des gemeinsamen nordamerikanischen Marktes.

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Für Trump bedeutet Mexiko vor allem eine Gefahr: Illegale Einwanderer und Drogen würden über die Grenze geschmuggelt und das Freihandelsabkommen Nafta führe dazu, dass Industriearbeitsplätze von den Vereinigten Staaten nach Mexiko abwanderten, sagt der millionenschwere Unternehmer. Peña Nieto schaut etwas gequält in die Ferne.

An seinen Plänen zum Bau einer Mauer an der Südgrenze der Vereinigten Staaten hält Trump deshalb auch eisern fest. „Wir haben über die Mauer gesprochen, aber nicht darüber, wer sie bezahlt“, erklärt er nach dem Treffen. Kaum ist Trump wieder abgeflogen, widerspricht Peña Nieto der Darstellung. „Gleich zu Beginn des Gesprächs habe ich Donald Trump klar gemacht, dass Mexiko nicht für die Mauer zahlen wird“, schreibt er bei Twitter. „Danach hat sich die Unterhaltung auf andere Themen zubewegt und sehr respektvoll entwickelt.

Auf beiden Seiten des Rio Grande spekulierten die Analysten, was sich Trump und Peña Nieto von der ungewöhnlichen Stippvisite versprechen. Die Zustimmungswerte des mexikanischen Präsidenten sind im Keller und für den Besuch des latino-feindlichen Populisten hat in Mexiko kaum jemand Verständnis. „Er droht uns mit Krieg und Mauern, aber wir öffnen ihm den Nationalpalast“, sagte Senatspräsident Roberto Gil.

Ende der vergangenen Woche hatte die mexikanische Regierung beide Präsidentschaftskandidaten eingeladen. Dem Vernehmen nach hatte Peña Nieto schlicht nicht damit gerechnet, dass ausgerechnet Trump als Erster zusagt. „Ich weiß nicht, wie Sie darauf gekommen sind, dass es eine gute Idee sein könnte, Donald Trump einzuladen“, sagt der mexikanische Politik-Analyst Alejandro Hope.

Trump will Konservative für sich gewinnen

Für Trump ist der Besuch eine Möglichkeit, mit Hinblick auf die Wahlen einen moderateren Kurs in Einwanderungsfragen einzuschlagen und sich den gemäßigten Konservativen in den Vereinigten Staaten anzudienen. „Er will sich staatsmännisch zeigen“, sagt Andrew Selee vom Forschungsinstitut Wilson Center. „Er versucht jetzt, eine breitere Wählerbasis anzusprechen, die weiß, wie wichtig die Beziehungen zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko sind.“

Latinos dürfte Trump aufgrund seiner zahlreichen Ausfälle vor der Präsidentschaftswahl kaum noch auf seine Seite ziehen. Der Kurztrip nach Mexiko und ein etwas moderaterer Ton könnten allerdings traditionelle Republikaner beruhigen, die sich vom populistischen Stil des Parteiaußenseiters bislang abgestoßen fühlen. Wenn Trump die Krallen einfährt, könnte das zudem Latino-Wähler demobilisieren, die ihre Stimme für Hillary Clinton vor allem als eine Stimme gegen Trump verstehen.

In Mexiko stieß der Besuch von Trump weitgehend auf Unverständnis. Politiker aller politischer Lager verurteilten das Treffen von Peña Nieto mit dem New Yorker Millionär. In der mexikanischen Hauptstadt protestierten Dutzende Menschen gegen den Besucher. „Trump go home“, war auf einem der Transparente zu lesen.


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