Krebsregister in Gefahr

  04 September 2016    Gelesen: 501
Krebsregister in Gefahr
Sie sind Herzstück des Nationalen Krebsplans und sollten die Tumortherapie flächendeckend verbessern. Doch viele Länder investieren noch zu wenig in vernetzte klinische Krebsregister.
Der flächendeckende Aufbau der klinischen Krebsregister zur besseren Versorgung der Krebspatienten in Deutschland kommt in den meisten Bundesländern nur schleppend voran. Nach dem Krebsfrüherkennungs- und -registergesetz müssen die sechzehn Bundesländer bis Ende kommenden Jahres funktionierende klinische Register aufgebaut haben. Flächendeckende epidemiologische Krebsregister gibt es seit dem Jahr 2009. Diese erfassen die Häufigkeit von Krebserkrankungen, deren Verteilung sowie die Überlebenschancen und helfen dabei, die Prävention und Früherkennung voranzubringen. Klinische Krebsregister erfassen die Therapien und deren Ausgang und sollen die Qualität der Krebsbehandlungen verbessern.

Nach einem vom Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung beauftragten Gutachten werden nur die Register in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und im Saarland von 2018 an arbeitsfähig sein. In den Ländern Berlin, Brandenburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein wird dieses Ziel kaum noch zu erreichen sein. In den restlichen acht Bundesländern bestehe, laut einem Gutachten des Prognos-Instituts, noch die Möglichkeit, die Register fristgerecht einzurichten. Doch die Zeit werde knapp. Der Föderalismus hat offensichtlich ein Potpourri an verschiedenen Registervarianten hervorgebracht, bei denen es oft an der Datenerfassung, der Datenverarbeitung und der länderübergreifenden Vernetzung hapert.

Klinik-Vergleiche möglich machen

Die klinischen Krebsregister der einzelnen Bundesländer sind einer der wichtigsten Bausteine des Nationalen Krebsplans. In ihnen sollen über einen einheitlichen onkologischen Basisdatensatz alle Daten zur Behandlung und zum Verlauf von Krebserkrankungen dokumentiert werden - von der Diagnose über die einzelnen Behandlungsschritte bis hin zur Nachsorge. Auch Rückfälle, Komplikationen und Todesfälle will man erfassen. Die Auswertung und der Vergleich der Daten sollen langfristig zeigen, welche Behandlungsstrategien besonders gut oder besonders schlecht sind, in welchen Behandlungszentren die Überlebensraten über dem Durchschnitt oder darunter liegen und in welchen Kliniken die onkologischen Leitlinien besonders gut oder besonders schlecht umgesetzt werden.

Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung hat das Gutachten in Auftrag gegeben, weil das Krebsfrüherkennungs- und -registergesetz den Krankenkassen einen Prüfauftrag erteilt hat. Die Krankenkassen werden den Betrieb der klinischen Krebsregister mit einer Pauschale pro Meldung finanzieren. Bei einer vollständigen Datenerfassung werden rund 50 Millionen Euro pro Jahr fällig werden. Die Krankenkassen werden künftig auch die Strukturen und Prozesse der Datenerhebung prüfen und dafür einen bundesweit einheitlichen Bewertungsmaßstab entwickeln.

Gutachten veraltet?

Das schleswig-holsteinische Gesundheitsministerium hat die Kritik des Spitzenverbands umgehend zurückgewiesen und den Sachstand des Gutachtens für Schleswig-Holstein als veraltet bezeichnet. Auch das brandenburgische Sozialministerium hat widersprochen. Der Staatsvertrag für das gemeinsame klinische Krebsregister mit Berlin sei unterzeichnet und das Register sei Mitte des Jahres gestartet, hieß es aus dem Ministerium. Dass die flächendeckende Umsetzung der klinischen Krebsregister eineinhalb Jahre vor Ablauf der Frist in den meisten Bundesländern noch eine Großbaustelle ist, lässt sich allerdings nicht wegdiskutieren. Ob die schon eingeplante Verlängerungsfrist bis Ende 2018 reichen wird, bis alle Register arbeitsfähig sein werden, bleibt abzuwarten.


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