Neues Gesetz wird besonders deutsch-türkische Unternehmer kriminalisieren

  19 September 2016    Gelesen: 856
Neues Gesetz wird besonders deutsch-türkische Unternehmer kriminalisieren
Tritt dieses Gesetz in Kraft, dann werden kleine und mittelständische Firmen kriminalisiert. Das trifft nicht zuletzt deutsch-türkische Unternehmer, die sich nicht rasch genug informieren und anpassen können. Es geht um den „Missbrauch von Werkvertragsgestaltungen“, den die Koalition verhindern möchte.
Tritt dieses Gesetz in Kraft, dann werden kleine und mittelständische Firmen kriminalisiert. Das trifft nicht zuletzt deutschtürkische Unternehmer, die sich nicht rasch genug informieren und anpassen können. Es geht um den „Missbrauch von Werkvertragsgestaltungen“, den die Koalition verhindern möchte. Am Donnerstag berät der Bundestag in 1. Lesung über den Gesetzentwurf von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD).

Als „Missbrauch“ wird in der politischen Diskussion der Einsatz von freien Werkverträgen statt der Arbeitnehmerüberlassung angesehen. Letztere ist genehmigungsbedürftig. „Wann in der Praxis die eine oder die andere Vertragsgestaltung vorliegt, haben die Gerichte in langer Rechtsprechungspraxis sach- und interessengerecht entschieden“, meint dazu der renommierte Arbeitsrechtler Prof. Dr. Hansjürgen Tuengerthal aus Mannheim.

Das Gesetz wolle nunmehr zum Schutze der Arbeitnehmer mehr Rechtssicherheit herstellen und Missbräuche ausräumen. „Das Gegenteil wird erreicht“, zürnt Tuengerthal, „die staatliche Kontrolle werde umfassender“. Seine Kanzlei vertritt auch immer wieder deutschtürkische Unternehmer, die sich im Paragraphendschungel des deutschen Arbeitsrechts verirrt haben.

Gerade kleine und mittelständische Unternehmen müssen sich laut Tuengerthal nun erneut auf eine neue Rechtslage einstellen, werden verstärkt den Kontrollen der Zollbehörden ausgesetzt und geraten vermehrt in die rigide Rechtsfolge des Überganges der Arbeitsverhältnisse nach den übrigen Vorschriften des Gesetzes.

„Es droht eine bislang ungekannte Kriminalisierung. Von einer Übernahme der Rechtsprechung in das Gesetz kann daher keine Rede sein. Ob das im wohlverstandenen Arbeitnehmerinteresse liegt, steht dahin. Eine Mehrbelastung der Unternehmen aber ist sicher. Der Gesetzesentwurf ist in diesem Punkte abzulehnen.“

Jeder Unternehmer wusste bisher, dass eine Arbeitnehmerüberlassung nur dann vorliegt wenn dieser Arbeitnehmer vollständig in die Betriebsorganisation des Entleihers eingegliedert wurde und allein dessen Weisungen unterlag. Wer keine Genehmigung dazu hatte, wurde bestraft.

„Der jetzige Gesetzesentwurf gibt diese strengen Kriterien preis“, kritisiert der Mannheimer Arbeitsrechtler. Es soll jetzt genügen, dass die Arbeitnehmer „in die Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert sind und seinen Weisungen unterliegen“. Haben die in der Praxis unvermeidbaren Mischformen von Eingliederung und so genannter „Weisungsunterworfenheit“ (ein wahrhaft amtlich Unwort) bisher die Annahme von Arbeitnehmerüberlassung ausgeschlossen, werden jetzt die Tatbestände der Arbeitnehmerüberlassung weit ausgedehnt.

Für einen Unternehmer, der vorübergehend Hilfskräfte von einer Zeitarbeitsfirma engagiert, kann dies schwerwiegende Folgen haben. Er muss den Arbeiter womöglich anstellen. Dem Entleiher wiederum wirft der kontrollierende Zoll dann unerlaubte Arbeitnehmerüberlassung vor. Es drohen hohe Geldstrafen, manchmal sogar Freiheitsstrafen und hohe Nachzahlungen bei den Sozialversicherungen.

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