Präsident Juan Manuel Santos hatte seit Wochen davor gewarnt, dass es im Falle einer Ablehnung des von ihm mit all seinem politischen Gewicht verfochtenen Vertrages „keinen Plan B“ geben werde. Ein Nein zu dem Vertrag bedeute eine Rückkehr zum Krieg, der sich 1964 vor allem an der sozialen Ungerechtigkeit und der extrem ungleichen Landverteilung entzündet hatte. Die Verhandlungen über den Friedensvertrag in Havanna hatten vier Jahre gedauert und waren wesentlich von Kuba und Norwegen als Garantiemächte begleitet worden.
Nach der Niederlage bei dem Referendum hat Santos sein politisches Kapital aufgebraucht und dürfte kaum mehr in der Lage sein, bis zum regulären Ende seiner Amtszeit 2018 die Regierungsgeschäfte weiterzuführen. „Ich bin der erste, der das Ergebnis anerkennt“, sagte der Staatschef am Sonntagabend nach der Volksabstimmung. „Ich gebe nicht auf. Ich werde mich bis zum letzten Tag meiner Amtszeit um den Frieden bemühen.“ Der Waffenstillstand bleibe zunächst in Kraft. Die Unterhändler der Regierung sollen am Montag zum Ort der Friedensverhandlungen in Kuba reisen und gemeinsam mit der Farc-Delegation die Lage sondieren.
Friedensvertrag mit Regierung: Kolumbianische Farc-Rebellen legen Truppenstärke offen
Santos und der Farc-Kommandeur Rodrigo Londoño alias Timochenko hatten den Vertrag erst am 26. September unter großer internationaler Anteilnahme in der Karibik-Stadt Cartagena unterzeichnet. Die etwa 7000 Aufständischen erklärten sich darin bereit, die Waffen innerhalb von sechs Monaten abzugeben und fortan als Partei mit friedlichen Mitteln für ihre Ziele zu streiten.
Farc wollen Friedensprozess fortsetzen
Auch nach dem Referendum will die Guerillaorganisation ihre Verwandlung in eine politische Bewegung fortsetzen. „Die Farc halten an ihrer Bereitschaft zum Frieden fest und unterstreichen ihren Willen, nur noch Worte als Waffen zum Aufbau der Zukunft zu nutzen“, sagte Timochenko am Abend. Allerdings zeigte er sich enttäuscht über die Ablehnung. „Die Farc bedauern zutiefst, dass eine destruktive Kraft Hass und Groll gesät und die Meinung des kolumbianischen Volks beeinflusst hat“, sagte der Rebellenchef in Havanna, wo er den Ausgang des Referendums abgewartet hatte. „Das kolumbianische Volk, das vom Frieden träumt, kann auf uns zählen. Der Frieden wird triumphieren.“
Angeführt wurden die Gegner des Vertrags vom einflussreichen Ex-Präsident Alvaro Uribe, der eine Beteiligung der Rebellen an der Politik ablehnt und Gefängnisstrafen fordert. Er kritisierte vor allem die in dem Abkommen vorgesehenen Strafnachlässe. Der konservative Hardliner macht die Farc für den Mord an seinem Vater verantwortlich. Wegen des Friedensprozesses überwarf sich Uribe mit seinem Nachfolger und politischen Ziehsohn Santos. Uribe will nun den Vertrag neu aushandeln. Mit seiner rechten Partei Centro Democrático wolle er zu einem „nationalen Pakt für den Frieden“ beitragen und die Fehler des Abkommens korrigieren, sagte er nach der Volksabstimmung.
Der längste bewaffnete Konflikt Lateinamerikas forderte mindestens 220.000 Menschenleben. Millionen Kolumbianer wurden vertrieben und die wirtschaftliche Entwicklung des öl- und kohlereichen Landes gebremst.
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