Türkei verlängert den Ausnahmezustand

  04 Oktober 2016    Gelesen: 495
Türkei verlängert den Ausnahmezustand
Das Land zwischen Asien und Europa kommt nicht zur Ruhe: In Ankara winkt das Kabinett eine Empfehlung des Sicherheitsrats durch - und sichert damit Staatspräsident Erdogan weitreichende Machtbefugnisse zu - für weitere drei Monate.
Der nach dem Putschversuch in der Türkei verhängte Ausnahmezustand wird um 90 Tage verlängert. Das beschloss das Kabinett zu Wochenbeginn in der Hauptstadt Ankara, wie Vize-Ministerpräsident Numan Kurtulmus mitteilte. Das Kabinett war unter Vorsitz von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan zusammengekommen. Zuvor hatte der Sicherheitsrat eine Verlängerung empfohlen.

Der von Erdogan verhängte Ausnahmezustand nach dem Putschversuch Mitte Juli war am 21. Juli für 90 Tage in Kraft getreten. Seither geht die türkische Führung unter Erdogan mit großer Härte gegen Regierungsgegner vor. Zehntausende Angestellte des öffentlichen Dienstes wurden beurlaubt oder entlassen, zehntausende Verdächtige wurden inhaftiert. Die Razzien richten sich vor allem gegen vermeintliche oder tatsächliche Anhänger des in den USA lebenden Predigers Fethullah Gülen, den Erdogan beschuldigt, Drahtzieher des Umsturzversuches gewesen zu sein.

180 Tage Ausnahmezustand

Bisherigen Planungen zufolge wäre der Ausnahmezustand - in dem der Staatspräsident laut türkischer Verfassung per Notstandsdekret nahezu unbeschränkt herrschen kann - eigentlich am 18. Oktober ausgelaufen. Mit der Verlängerung, die durch die Veröffentlichung im Amtsblatt vom 19. Oktober an in Kraft tritt, endet der Ausnahmezustand erst mit Ablauf des 15. Januars. Bis über den Jahreswechsel hinaus kann Staatschef Erdogan damit über weitreichende Machtbefugnisse verfügen.

Das Parlament muss dem Kabinettsbeschluss noch zustimmen. Die Zustimmung der Abgeordneten gilt allerdings als reine Formsache, da Erdogans islamisch-konservative AKP die ausreichende Mehrheit im Parlament besitzt. Die ultranationalistische Oppositionspartei MHP hatte zudem zuvor bereits ihre Unterstützung für die Maßnahme zugesichert.

Machtlose Gegenstimmen

Die größte Oppositionspartei CHP und die pro-kurdische HDP sprachen sich gegen eine Verlängerung des Ausnahmezustands aus. Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu hatte vergangene Woche angekündigt gegen das Vorhaben zu stimmen.

Gleichzeitig kritisierte er, Erdogan missbrauche die Maßnahme, um seine Macht auszubauen, und die Opposition zum Schweigen zu bringen. Zuletzt ordnete die Regierung in Ankara unter dem Vorwurf der "Terror-Propaganda" die Schließung von weiteren 20 Rundfunk- und Fernsehsendern an, darunter auch den kurdischsprachigen Kinderkanal "Zarok TV".

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