Die nationalkonservative Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) hatte die Volksinitiative anfangs begrüßt und deren Entwurf zur Beratung an den Rechtsausschuss des Sejm überwiesen.
Bei der abschließenden Abstimmung am Donnerstag stellte sich nun jedoch auch eine Mehrheit der PiS-Abgeordneten gegen den Gesetzentwurf. Er sah bei einem Schwangerschaftsabbruch für die betroffene Frau und den ausführenden Arzt eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren vor. Nur bei Gefahr für das Leben der Schwangeren sollten Abtreibungen nicht bestraft werden.
Reaktion auf die Proteste
Mit ihrem Kurswechsel reagierte die mit absoluter Mehrheit regierende PiS auf eine Protestwelle gegen ein Abtreibungsverbot. Fast 100.000 Menschen waren nach Polizeiangaben am Montag landesweit gegen die Gesetzesinitiative auf die Straße gegangen. Medienberichten zufolge drängte der PiS-Vorsitzende Jaroslaw Kaczynski daraufhin auf eine Ablehnung des fast totalen Abtreibungsverbots.
Unterdessen warben die katholischen Bischöfe am Mittwochabend zum Abschluss ihrer Vollversammlung in Warschau erneut für den Schutz von ungeborenen Kindern. Sie zitierten die Worte von Papst Johannes Paul II. (1978–2005): eine „vorsätzliche Abtreibung“ sei „Mord“.
Die Bischöfe betonten, sie unterstützten alle Gesetzentwürfe, die das Leben von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod schützten. Eine Bestrafung von Frauen, die abgetrieben haben, lehnten sie jedoch nochmals ab.
Wie bislang sind in Polen weiterhin Schwangerschaftsabbrüche in drei Ausnahmefällen erlaubt: wenn die Gesundheit der Frau gefährdet ist, wenn sie vergewaltigt wurde oder wenn eine irreversible schwere Schädigung des Fötus festgestellt wurde.
Viele Frauen treiben illegal ab
Regierungsangaben zufolge wurden in Polen zuletzt rund 1000 Abtreibungen pro Jahr registriert. In den meisten Fällen sei als Grund eine diagnostizierte schwere Behinderung oder eine schwere Krankheit des Fötus angegeben worden.
Nach Schätzungen von Frauenrechtlerinnen treiben jedes Jahr rund 100.000 Polinnen illegal ab, viele von ihnen im Ausland. Die Initiative „Stoppt die Abtreibung“ hatte nach eigenen Angaben binnen drei Monaten 600.000 Unterschriften für ihren Gesetzentwurf gesammelt.
Erforderlich für eine Beratung des Entwurfs im Parlament waren lediglich 100.000. Er sah neben dem Schutz von ungeborenen Kindern mehr staatliche Hilfe für behinderte Kinder vor. Zudem sollte in den Schulen „der Wert der Familie und des menschlichen Lebens von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod“ unterrichtet werden.
Quelle : welt.de
Tags: