Wird Handgepäck im Flieger künftig weggeschlossen?

  31 Oktober 2016    Gelesen: 597
Wird Handgepäck im Flieger künftig weggeschlossen?
Die Evakuierung eines Passagierjets könnte gravierende Folgen haben. Viele Fluggäste verließen die Maschine trotz hoher Gefahr mit ihrem Handgepäck. Jetzt soll es zur Sicherheit weggeschlossen werden.
Teile des explodierten Flugzeugtriebwerks wurden später in gut 600 Meter Entfernung auf einem Dach gefunden. Wie durch ein Wunder durchschlugen die Turbinentrümmer nicht die Passagierkabine der Boeing 767 der US-Fluggesellschaft American Airlines.

Die Piloten brachen nach dem lauten Knall den Start auf den Flughafen von Chicago sofort ab. Die Maschine kam am Ende der Piste zum Stehen. Es folgte eine spektakuläre Evakuierung aller 170 Menschen an Bord über Notrutschen aus dem Flugzeug. Die rechte Tragfläche mit den Treibstofftanks brannte bereits lichterloh. Der Unfall am vergangenen Freitag verlief zwar ohne schlimmere Personenschäden, hat aber womöglich dennoch weitreichende Folgen.

Zwar gehören Flugzeuge trotz dramatischer Zwischenfälle zu den sichersten Transportmitteln. In diesem Jahr gab es weltweit erst 14 Unfälle mit Flugzeugen über 100 Sitzplätzen mit insgesamt 197 Toten. Das ist nicht zu vergleichen mit dem Risiko beim Autofahren. Allein in Deutschland verloren 2015 fast 3500 Menschen ihr Leben im Straßenverkehr.

Gefährlich: Passagiere nehmen ihr Handgepäck mit

Das relativ sichere Fliegen ist letztlich auch das Ergebnis einer ausgeprägten Sicherheitskultur in der Branche. Der Unfall von Chicago mit Flug AA383 mit lediglich 20 Leichtverletzten zeigt dennoch, wo es immer noch Schwachstellen gibt.

Das Augenmerk richtet sich zum einen auf die Triebwerke. Wieder explodierte ein General-Electric-Triebwerk beim Start – wie bereits vor einem Jahr bei einer Boeing 777 von British Airways in Las Vegas. Auch damals fing das Flugzeug Feuer. Auch damals verlief der Startabbruch glimpflich und es gab nur ein paar Leichtverletzte. Ebenso glimpflich verlief eine Notevakuierung einer Boeing 777 von Emirates nach einem missglückten Landemanöver in Dubai im August. Alle 300 Passagiere überlebten, obwohl das Flugzeug später nahezu komplett ausbrannte.

Bei diesen größeren Zwischenfällen aus jüngerer Vergangenheit zeigte sich ein professionelles Verhalten der Crew beim Notausstieg – aber eine gefährliche Reaktion der Passagiere. Das beunruhigt Sicherheitsexperten. Passagiere nehmen ihr Handgepäck oder sogar Rollkoffer mit, obwohl jede Sekunde beim Ausstieg zählt und niemand blockiert werden sollte. Nach den Zulassungsvorschriften müssen im Notfall alle Menschen einen Jet binnen 90 Sekunden über aufblasbare Rutschen verlassen können.

Automatische Verriegelung beim Starten und Landen

Nun gibt es eine Diskussion, ob die immer größeren Gepäckfächer über den Sitzen in Kombination mit der engeren Bestuhlung in der Economyklasse und dem Verhalten der Passagiere im Notfall ein immenses Risiko sind. Im Branchendienst runwaygirlnetwork.com wird spekuliert, wie sinnvoll es wäre, die Gepäckfächer über den Sitzen während Start und Landung zu verriegeln. Dann könnten keine größeren Gepäckstücke mit auf die Rutsche genommen werden.

Es gibt auch das gefährliche Verhalten von Passagieren, die Gepäckfächer bereits kurz nach der Landung zu öffnen, obwohl das Flugzeug noch nicht die Parkposition erreicht hat und die Insassen des Flugzeugs angeschnallt sitzen bleiben sollten. Auch hier könnte eine Verriegelung der Gepäckfächer für mehr Sicherheit sorgen – würde aber mehr Technik im Flugzeug und höhere Kosten für die Fluggesellschaften bedeuten.

Kurz vor dem Unfall in Chicago äußerte sich der US-Politiker Adam Kinzinger, Mitglied im Repräsentantenhaus, ob nicht die teilweise sehr enge Bestuhlung in Flugzeugen staatlich reguliert werden sollte. Fluggesellschaften reizten die Sitzplatzkapazitäten maximal aus. „Es geht nicht um den Komfort, es geht um die Sicherheit“, sagt der Politiker.

Sorge bereitet den Experten auch die Tatsache, dass nicht alle Notrutschen sowohl jetzt beim American-Airlines-Unfall als auch bei der Emirates-Evakuierung reibungslos funktionierten. Aus jedem Unfall würden aber Konsequenzen gezogen, heißt es.

Quelle : welt.de

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