Buß- und Bettag 2016: Wer hat am Feiertag frei und wer nicht?

  15 November 2016    Gelesen: 818
Buß- und Bettag 2016: Wer hat am Feiertag frei und wer nicht?
Im Jahr 2016 fällt der Buß- und Bettag auf Mittwoch, 16. November. Dieser bewegliche evangelische Festtag wird seit Ende des 19. Jahrhunderts jedes Jahr am Mittwoch vor dem letzten Sonntag des Kirchenjahres begangen. Der letzte Sonntag des Kirchenjahres wird auch als "Totensonntag" oder "Ewigkeitssonntag" gefeiert.
Der Buß- und Bettag ist das Äquivalent der evangelischen Kirche zur Beichte der katholischen Kirche. Der 1532 erstmals gefeierte Tag geht auf den Brauch zurück, in Notzeiten einen Bußgottesdienst abzuhalten, in dem Gott um Vergebung und Hilfe gebeten wird. In Deutschland gab es bis ins 19. Jahrhundert verschiedene Landesbußtage. Sich besinnen und im Leben neu orientieren heißt es an diesem Tag für Protestanten. Der evangelisch geprägte Buß-und Bettag ist sicherlich ein etwas sperriger Feiertag – er dient der Neuorientierung und der kritischen Lebensbilanz. Kein Tag, der mit liebgewonnenem Brauchtum verbunden ist. Gerade mit seiner Unbequemlichkeit bietet er aber die Gelegenheit, sich Gedanken zu machen über aktuelle gesellschaftliche Probleme. Und das greift die evangelische Kirche jedes Jahr auf.

Aber: Der Buß- und Bettag war in Deutschland nur bis 1995 ein gesetzlicher Feiertag. 1994 wurde er von der Bundesregierung aus CDU, CSU und FDP gestrichen. Die evangelischen Christen verloren mit der damaligen Einführung der Pflegeversicherung einen wichtigen kirchlichen Festtag, einen Tag, der für viele eine besondere Bedeutung hatte - gerade weil es der einzige evangelische Feiertag war.

Die Mehrbelastung für die Arbeitgeber durch die Beiträge zur neu eingeführten Pflegeversicherung sollte mit der Abschaffung des Feiertages ausgeglichen werden. So schenkte die Politik den Arbeitgebern - gegen den Widerstand der Kirche - einen zusätzlichen Arbeitstag. Die einzige Ausnahme bildet das Bundesland Sachsen. Im ostdeutschen Bundesland ist der Buß- und Bettag nach wie vor ein gesetzlicher Feiertag.

Durch die Feiertagsgesetze können sich die Arbeitnehmer in den meisten anderen Bundesländern unter Hinweis auf religiöse Pflichten an diesem Tag freinehmen. Dafür muss man keinen Urlaubstag nehmen, allerdings Lohn verzichten.

Neben Sachsen gibt es in Bayern und Berlin Ausnahmeregelungen. An bayerischen Schulen haben alle Schüler am Buß- und Bettag schulfrei (egal ob sie katholisch oder evangelisch sind). In Berlin können evangelische Schüler selbst entscheiden, ob sie an diesem Feiertag die Schule besuchen oder nicht.

Das führt jedes Jahr unfreiwillig zur gleichen Diskussion: Warum haben am Buß- und Bettag die Schüler frei – und die berufstätigen Eltern müssen sehen, wie sie ihre Kinder unterbringen?

Nach wie vor hat der Buß- und Bettag seinen festen Platz im evangelischen Kirchenjahr. Viele Gemeinden laden zu abendlichen Andachten ein. Wenn der Bußtag komplett gestrichen würde, dann drohen auch die mahnenden Worte der evangelischen Kirche zu gesellschaftlichen Missständen zu verhallen.

Abschaffung des Feiertages Buß- und Bettag: "Das war keine gute Entscheidung"

„Das war keine gute Entscheidung“, meinte Johannes Minkus, Sprecher der Evangelischen Landeskirche in Bayern im vergangenen Jahr zur Streichung des Feiertages im "Münchner Merkur". „Wir würden uns wünschen, dass der Buß- und Bettag wieder ein gesetzlicher Feiertag wird.“ Aus zwei Gründen: „Zum Einen bringt der schulfreie Tag viele Familien in eine schwierige Situation.“ Wenn beide Elternteile berufstätig sind, muss ein Ort gefunden werden, an dem das Kind bleiben kann. „Zum anderen braucht unsere Gesellschaft Tage, an denen innegehalten und über den richtigen Kurs nachgedacht werden kann, mehr denn je“, sagt Minkus.

Auf die Problematik der Kinderbetreuung wies 2015 auch der Bayerische Elternverband hin. „Wir würden uns wünschen, dass der Tag wieder einheitlicher gestaltet wird. Dass die Schule synchron mit den allgemeinen Arbeitszeiten läuft“, sagte der Landesvorsitzende Martin Löwe. Die meisten Eltern hätten sich zwar mit der Situation arrangiert, „sie tun sich zusammen, einer bleibt zu Hause und nimmt mehrere Kinder“, sagt Löwe, „aber es bleibt immer ein Provisorium“.

Oft helfen Schule und Kirche bei der Betreuung. Viele evangelische Gemeinden veranstalten am Buß- und Bettag einen Kinderbibeltag. Manche Schulen dehnen die Mittagsbetreuung aus. „Auch bei uns gibt es dieses Angebot“, sagte Jürgen Böhm, Schulleiter der Realschule Arnstorf in Niederbayern im vergangenen Jahr dem "Münchner Merkur". „Aber es kommt niemand. Bei uns auf dem Land haben sich die Eltern da gut organisiert.“

Feiertag Buß- und Bettag: Lehrer sind nicht vom Dienst befreit

Die Lehrer sind derweil nicht vom Dienst befreit. „Sie besuchen am Buß- und Bettag in der Regel Fortbildungen oder haben pädagogische Tage“, erklärte Max Schmidt vom Bayerischen Philologenverband. Öffentlich werde das aber nicht immer wahrgenommen. „Da herrscht oft die Meinung, wenn der Lehrer nicht vor der Klasse steht, hat er frei.“ Schmidt sieht Tage wie den Buß- und Bettag als Chance. „Wir müssen uns wieder mehr ins Bewusstsein bringen, warum so ein Tag wichtig ist“, sagt er. Der Tag eigne sich bestens, um über Werte wie Toleranz und Solidarität nachzudenken.

Das sah auch Johannes Minkus so. „Es gibt so viel Bedarf an Austausch. An Input von außen – egal ob beim Gottesdienst oder an anderen Orten.“ Das gelte nicht nur für Kinder. „Erst wenn ich Sorgen und Ängste formuliere, mir dafür Zeit nehme, kann ich sie klären.“ Minkus findet, dafür würde ein freier Buß- und Bettag einen angemessenen Rahmen bieten.


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