Miethaus in Wiener City
Die beiden Streitparteien wohnen in der Wiener Innenstadt im selben Miethaus. Der Kläger hat seine Wohnung im 7. Stock, der Beklagte wohnt schräg darunter im 6. Stock. Beide Wohnungen sind hof- und gartenseitig ausgerichtet und jeweils mit einer Terrasse (Balkon, Loggia) ausgestattet. Der Beklagte, ein Autor mit der Gewohnheit, daheim auch nachts zu arbeiten, raucht täglich ein bis zwei Zigarren. Eine davon in der Regel zwischen Mitternacht und zwei Uhr Früh. Im Winter und bei Schlechtwetter tut er das bei geschlossenem Fenster; danach lüftet er. Im Sommer lässt er sich die Zigarre bei offenem Fenster oder auf der Terrasse schmecken.
Sehr zum Leidwesen des Mieters in der Wohnung ein Stockwerk höher: Der fühlt sich als Nichtraucher durch den aufsteigenden Zigarrenrauch massiv beeinträchtigt. Kommt der Rauch bei Nacht durchs Fenster oder die Balkontür in seine Wohnung, wacht er dadurch auf. Eine gesundheitsschädigende Konzentration von Schadstoffen konnte allerdings nicht festgestellt werden.
Totales Verbot ginge zu weit
Der Kläger wollte dem Raucher generell verbieten lassen, Tabakrauch und -geruch zu entwickeln, der auf die Wohnung darüber einwirkt. Er begehrte, den Beklagten zur Unterlassung der von seiner Wohnung ausgehenden Rauch- und Geruchsimmissionen zu verpflichten. Das Landesgericht Wien bestätigte ein solches Verbot, wie es vom Bezirksgericht erlassen worden war, jedoch nur für die Nachtstunden. Also von 22 bis 6 Uhr.
Der Oberste Gerichtshof dehnte dieses Verbot wieder aus (2 Ob 1/16k): In der wärmeren Jahreszeit, den „Sommermonaten“, gilt demnach auch während der üblichen Essens- und Ruhezeiten ein Rauchverbot: von 8 bis 10 Uhr, 12 bis 15 Uhr und von 18 bis 20 Uhr.
Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme
Der Gerichtshof will damit dem nachbarrechtlichen Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme zum Durchbruch verhelfen. Dieses steht sowohl einem generellen Rauchverbot in der eigenen Wohnung entgegen als auch einer Situation, in der ein Mitbewohner auch tagsüber seine Terrasse nicht nutzen und nicht lüften kann, ohne sich einem unberechenbaren Rauchverhalten des Nachbarn anpassen zu müssen.
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