Mercedes sucht, Lauda grantelt, Vettel mauert

  05 Dezember 2016    Gelesen: 865
Mercedes sucht, Lauda grantelt, Vettel mauert
"Im schlechtesten möglichen Zustand", so sieht Niki Lauda sein Mercedes-Team nach dem völlig unerwarteten Rücktritt von Formel-1-Weltmeister Nico Rosberg. Lauda ist sauer auf Rosberg, ein Star wie Sebastian Vettel als Nachfolger nicht zu haben - oder doch?
Niki Lauda verspürte keine große Lust, seine Enttäuschung zu verbergen. Der völlig unerwartete Rücktritt von Weltmeister Nico Rosberg hatte bei Mercedes ganz plötzlich eine gewaltige Lücke gerissen, und der Aufsichtsratsboss des Rennstalls ließ keinen Zweifel: Zeitpunkt und Umstände des Abschieds sorgen für Unmut.

Bei Mercedes fühlt man sich überrumpelt. "Wir haben noch nichts, keine Lösung", sagte der dreimalige Weltmeister in einem Interview mit der "Welt am Sonntag", "wir stehen voll im Regen ebenso wie unsere 1200 Mitarbeiter, für die wir verantwortlich sind." Lauda respektiert Rosbergs Rückzug ins Privatleben, dessen "einsamen Entschluss", dennoch: Keine vier Monate vor der neuen Saison mit den umfangreichen Regeländerungen müssen die Dominatoren der vergangenen Jahre plötzlich ihre Planungen umschmeißen. Und Bewerbungen einholen.

"Das Thema Fahrerstabilität - ein Doppelweltmeister und ein Weltmeister, also die beste Fahrerpaarung der Formel 1 - ist weg. Wir haben ein neues Auto, bei dem wir jetzt noch nicht wissen, wohin die Reise geht und dazu jetzt noch eine Riesenunsicherheit bei den Fahrern. Kurzum: Wir befinden uns in dem für mich schlechtesten möglichen Zustand", führte Lauda aus und sprach von einem "Riesenloch", das Rosberg mit seiner Entscheidung bei Mercedes gerissen habe.

Wohl erst zwei Tage nach dem Titelgewinn, am Dienstag also, hatte Rosberg Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff in Kenntnis gesetzt. "Und da wusste ich es dann genau", sagte Rosberg, "ich musste es erst mal aussprechen, um mir selbst ganz sicher zu sein."

Möglichkeiten sind limitiert

Bis Weihnachten, so Lauda, will Mercedes nun den Nachfolger finden, steht damit jedoch vor einer höchst komplizierten Aufgabe. Selbst nach der Reglement-Änderung für 2017 bleibt der Silberpfeil zwar der begehrteste Arbeitsplatz in der Königsklasse. In den Stunden nach Rosbergs Verkündung hätten sich "fast alle Fahrer" gemeldet, sagte Lauda im Gespräch mit Sky: "Etwa 90 Prozent des Feldes. Nur um zu sagen: Hallo, wir sind da."

Doch die Möglichkeiten sind limitiert, denn die Top-Piloten stehen allesamt bei der direkten Konkurrenz unter Vertrag. So habe Red-Bull-Teamchef Christian Horner sich bereits per SMS gemeldet: "Er meinte, wir sollen gar nicht erst über Max Verstappen und Daniel Ricciardo nachdenken." Toto Wolff stellte bereits klar: "Es gibt ein paar Kandidaten, die eindeutig nicht verfügbar sind: Max Verstappen und Daniel Ricciardo von Red Bull, Sebastian Vettel von Ferrari. Alle anderen müssen wir analysieren."

Vettel selbst betonte später: "Ich denke, es ist kein großes Geheimnis. Kimi (Räikkönen) und ich haben beide einen Vertrag (bei Ferrari) für das nächste Jahr, deshalb sollte es klar sein." Allerdings spekulieren italienische Medien über eine wirksame Ausstiegsklausel in Vettels Vertrag. Ob dort etwas dran ist, bleibt abzuwarten.

"Ein sehr schönes Weihnachtsgeschenk"

Sicher ist: Rosbergs Abschied wird einen Formel-1-Piloten schon sehr bald sehr glücklich machen. "Irgendjemand wird ein sehr schönes Weihnachtsgeschenk bekommen, das hat Nico gut hingekriegt", sagte etwa Ricciardo mit einem breiten Grinsen. Verstappen fügte indes an, dass die freie Stelle für ihn "überhaupt nicht interessant" sei, "ich bin sehr zufrieden bei Red Bull." Und der steinreiche Konkurrent dürfte sein Top-Duo nicht ziehen lassen.

Die einfachste und logische Lösung wäre Pascal Wehrlein, der in diesem Jahr sein Formel-1-Debüt bei Manor gab. Der 22-Jährige ist Mercedes-Vertragsfahrer. Er kennt das Team und den Silberpfeil, er hat noch kein Cockpit für die kommende Saison - und er würde wollen. "Eine Saison ist in der Formel 1 ist nicht viel, aber ich fühle mich bereit für den Job", sagte der 22-Jährige bei einer Preisverleihung in London. Er wisse aber, dass die Konkurrenz groß ist: "Ich bin sicher, das Handy von Toto Wolff läuft seit Freitag heiß."

Der finnische Williams-Pilot Valtteri Bottas wird inzwischen ebenfalls gehandelt, Sergio Perez scheint auch eine Möglichkeit zu sein. In Bezug auf Nico Hülkenberg soll dessen neuer Arbeitgeber Renault schon abgesagt haben. Und selbst über Fernando Alonso wird diskutiert, Hamiltons alten "Feind" aus gemeinsamen Tagen bei McLaren.

Doch all diese Namen will man bei Mercedes nicht kommentieren. Es gebe eben "noch keinen Plan B", sagt Lauda. Woher sollte dieser auch kommen?

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