In einem Essay im Magazin "The New Yorker" hat sich Smith nun ausführlich erklärt. Sie habe im entscheidenden Moment die Nerven verloren. "Ich hatte nicht die Worte vergessen, die Teil von mir waren. Ich war nur schlicht nicht in der Lage, sie herauszubringen."
Sie habe "A Hard Rain`s A-Gonna Fall" schon seit ihrer Jugend geliebt, es sei auch eines der Lieblingslieder ihres verstorbenen Ehemannes gewesen, schreibt die 69-Jährige. In den Wochen vor dem Auftritt in Stockholm habe sie das Lied exzessiv geprobt. Sie habe für Stockholm außerdem einen neuen Anzug gekauft, ihr Haar geschnitten - und sich bereit gefühlt.
Am Morgen der Preisverleihung sei sie nervös gewesen. Als bei der Zeremonie ihr Name aufgerufen wurde, habe sie sich wie in einem Märchen gefühlt, "ich stand vor dem schwedischen Königspaar und einigen der größten Köpfe der Welt". Die erste Strophe sei passabel gewesen, heißt es im Essay Smiths. Doch dann sei sie "von einer Fülle an Emotionen überwältigt worden, mit einer solchen Intensität, dass ich ihrer nicht Herr werden konnte".
Die Veranstalter der Nobel-Zeremonie hatten Smith ihren Angaben zufolge schon kontaktiert, als der Gewinner in der Kategorie Literatur noch gar nicht feststand. Sie hatte deshalb eigentlich einen ihrer eigenen Songs vortragen wollen. Als dann jedoch klar war, dass Dylan ausgezeichnet werden sollte, habe sie ihren Plan geändert.
Zum Abschluss ihres Essays wirft Smith einen Blick auf das Jahresende. Sie werde am 30. Dezember, ihrem Geburtstag, in ihrer Heimatstadt Chicago auftreten, ihre beiden Kinder werden dabei sein. "Und all die Dinge, die ich gesehen und erlebt und erinnert habe, werden in mir sein, und die Reue, die ich so schwer empfunden habe, wird sich fröhlich mischen mit all den anderen Momenten. Siebzig Jahre voller Momente, siebzig Jahre menschlich Sein."
Quelle : spiegel.de
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