Die Verhandlungen der Chefdiplomaten wurden von dem Mord an Russlands Botschafter in Ankara am Montagabend überschattet. Alle drei mussten gemeinsam eine Antwort formulieren auf die Herausforderungen des Terroristen, der Andrej Karlow erschossen und dabei „Allah akbar!“ und „Vergesst nicht Aleppo!“ geschrien hatte.
Besonders wichtig war, wie die Führungspolitiker und Diplomaten Russlands und der Türkei reagieren würden, wenn man den Zwischenfall um den von den türkischen Fliegerkräften im November 2015 abgeschossenen russischen Kampfjet bedenkt, der noch eine beispiellose Krise in den bilateralen Beziehungen ausgelöst hatte.
Position Ankaras
Lawrow erklärte zum Auftakt des Treffens: „Wir sind für die Reaktion Ihrer Hauptstädte und der Hauptstädte anderer Staaten dankbar.“ Sein türkischer Amtskollege Mevlut Cavusoglu verwies seinerseits darauf, dass dies das erste Treffen im dreiseitigen Format sei, welches der Förderung des Waffenstillstands in Syrien gewidmet sei.
Zugleich führte Cavusoglu an, dass aus Aleppo in den letzten Tagen insgesamt mehr als 37.500 Zivilisten ausgeführt worden seien – ein Erfolg.
Position Moskaus
Lawrow unterstrich ferner, dass es für das Syrien-Problem keine militärische Lösung gebe, und gab zu verstehen, dass Moskau nicht auf Gewaltanwendung setze.
„Wir treten dafür ein, dass es für die politische bzw. diplomatische Konfliktregelung keine Alternativen gibt“, sagte er nach den Gesprächen und stimmte seinem türkischen Amtskollegen zu, dass das dreiseitige Format effizienter sei als alle anderen, auch als die Internationale Gruppe zur Unterstützung Syriens.
Position Teherans
Der iranische Außenminister Dschawad Sarif sagte seinerseits, dass die dreiseitige gemeinsame Erklärung auch die Verpflichtung enthalte, gemeinsam gegen den „Islamischen Staat" (IS, auch Daesh) und die Al-Nusra-Front zu kämpfen.
„Das ist der erste, äußerst wichtige Schritt zur Schaffung von Bedingungen für eine nachhaltige Waffenruhe in Syrien“, betonte er.
Konfliktpunkt im Dreieck Moskau-Ankara-Teheran
Allerdings gibt es auch innerhalb der neu entstandenen Troika gewisse Kontroversen: So erklärte der türkische Chefdiplomat sofort, die Unterstützung der vom Iran gesponserten schiitischen Gruppierung Hisbollah, die auf der Seite Damaskus‘ kämpft, sollte unverzüglich eingestellt werden.
„Die Moskauer dreiseitigen Verhandlungen unterscheiden sich grundsätzlich von den früheren Versuchen, die Situation in Syrien friedlich zu regeln“, kommentierte Jelena Suponina, Beraterin des Direktors des Russischen Instituts für strategische Forschung. „Zum ersten Mal könnten in diesen Prozess nicht nur politische Vertreter der syrischen Opposition, (…) sondern auch einige bewaffnete Gruppierungen einbezogen werden, die unter anderem von der Türkei abhängen. Falls sie an den politischen Prozess angeschlossen werden und falls Teheran und Ankara zum Zusammenwirken fähig sind, könnte man die Perspektiven der friedlichen Syrien-Regelung zum ersten Mal seit langer Zeit mit vorsichtigem Optimismus betrachten.“
„No Pasaran!“ dem Attentäter
Vor diesem Hintergrund betonen Moskau und Ankara, dass die Ermordung des russischen Botschafters die begonnene Annäherung und Kooperation im Kontext der Syrien-Krise nicht beeinträchtigen wird.
„Niemand wird die Beziehungen zwischen Russland und der Türkei verderben können“, erklärte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. „Im Namen des ganzen türkischen Volkes verurteile ich den Mord an dem russischen Botschafter scharf und verfluche die Schuldigen.“ Bei einem Telefonat mit dem russischen Amtskollegen Wladimir Putin seien sich beide einig gewesen, dass dies eine Provokation gewesen sei, die das Ziel verfolgte, den bilateralen Beziehungen zu schaden.
Putin beauftragte seinerseits die Geheimdienste mit zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen innerhalb des Landes sowie zur Festigung der Sicherheit russischer diplomatischen Vertretungen im Ausland.
In Ankara ist außerdem eine 18-köpfige russische Ermittlergruppe eingetroffen, an der Vertreter der Geheimdienste, des Ermittlungskomitees und des Zivilschutzministeriums beteiligt sind. Erdogan hatte im Anschluss an das Telefonat mit Putin angekündigt, eine bilaterale Untersuchungskommission einsetzen zu wollen.
Quelle : sputnik.de
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