Er hat noch etwa einen Monat, aber ganz sang- und klanglos will der scheidende US-Präsident Barack Obama nicht die Weltbühne verlassen. Mit einem Affront gegen Israel verabschiedet er sich aus der Nahost-Politik und wirft seinem Nachfolger Donald Trump damit einige Steine in den Weg. Israel ist empört - und sieht sich von den USA verraten.
Was ist passiert? Im UNO-Sicherheitsrat haben die USA am Freitag in einer Abstimmung zu den israelischen Siedlungsgebieten im Westjordanland auf ihr Veto-Recht verzichtet. Damit ist es jetzt offizielle Haltung des mächtigsten Gremiums der Vereinten Nationen, den Siedlungsausbau dort und im Osten Jerusalems zu verurteilen und einen Stopp aller Bauaktivitäten zu fordern. Bindend für Israel ist das nicht, aber diplomatisch ein Desaster.
Brandender Applaus für Resolution
14 der 15 Mitglieder waren dafür, nach der Abstimmung brandete begeisterter Applaus in dem sonst eher diplomatisch-gemäßigten Gremium auf. Es ist das erste Mal seit acht Jahren, dass sich der Sicherheitsrat zu einer Erklärung in dem seit Jahrzehnten schwelenden Konflikt durchringt. Seit Israel nach dem Sechs-Tage-Krieg 1967 das Westjordanland erobert und mit dem Siedlungsbau begonnen hat, verurteilt die internationale Staatengemeinschaft diese Bauten. Auch Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier begrüßte die Entscheidung des UNO-Sicherheitsrats.
Die israelische Regierung kritisierte die Enthaltung der USA scharf. Das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu teilte mit, Israel werde sich nicht an die "beschämende anti-israelische Resolution" halten. Der Sicherheitsrat tue nichts, um das Schlachten einer halben Million Menschen in Syrien zu beenden, aber gehe gegen Israel, die einzige echte Demokratie im Nahen Osten vor. Netanyahu warf der Regierung des scheidenden US-Präsidenten Barack Obama vor, Israel nicht beschützt und "gemeinsame Sache" mit den Israel-Gegnern im Sicherheitsrat gemacht zu haben. Er freue sich auf die Zusammenarbeit mit Obamas Nachfolger Donald Trump.
Nach Angaben der Organisation Security Council Report hatten die USA in der Vergangenheit dreißig Mal ihr Veto eingelegt, um Resolutionen zu Israel und den Palästinensern zu verhindern. Das letzte Mal hatte sich Washington im Jahr 2009 enthalten, als es um einen Aufruf zu einer Waffenruhe im Gazastreifen ging.
Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Samantha Power, erklärte, Israels Vorgehen stehe im Widerspruch zu dem von den USA verfolgten Ziel einer Zwei-Staaten-Lösung. Das Siedlungsproblem habe sich "so sehr verschärft", dass diese Vision nun ernsthaft in Gefahr geraten sei, daher hätten die USA kein Veto eingelegt. Die USA würden allerdings weiterhin zu Israel stehen.
Obama gelingen zwei Schachzüge
Der künftige US-Präsident Trump hingegen sprang Israel bei. "Dies bringt Israel in eine sehr schlechte Verhandlungsposition und ist extrem unfair gegenüber allen Israelis", ließ er verlauten. Laut "New York Times" soll er nach Gesprächen mit Netanyahu persönlich beim ägyptischen Präsidenten Abdul Fatah al-Sisi darauf gedrängt haben, dass dessen Land die UNO-Resolution zurückzieht. Das ist am Donnerstag auch zunächst geschehen, aber mit Venezuela, Neuseeland, Senegal und Malaysia haben am Freitag dann gleich vier weitere Mitgliedsstaaten den Entwurf erneut zur Abstimmung eingereicht.
Obama gelingen mit der Resolution nun gleich zwei Schachzüge: Zum einen schafft er diplomatische Tatsachen, die Trump erst einmal wieder ordnen muss. Zum anderen setzt er ein letztes Zeichen gegen Benjamin Netanyahu, einem der Staatsmänner, mit dem Obama nie eine gute Zusammenarbeit gelungen ist. Israel reagierte entsprechend brüskiert: "Es ist sehr bedauerlich, dass acht Jahre der Freundschaft und Zusammenarbeit mit Obama mit einem rachsüchtigen und schrillen Akkord enden", sagte Energieminister Yuval Steinitz.
Die Hoffnungen der israelischen Regierung liegen nun auf Trump. Der hat bereits mit David Friedman einen US-Botschafter für Israel ernannt, der ausdrücklich hinter der Siedlungspolitik steht. Außerdem will Trump die Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen - ein Affront in den Augen der Palästinenser und vieler arabischer Staaten. Zu einer allzu detaillierten Analyse der UNO-Entscheidung ließ sich der Republikaner am Freitag aber nicht hinreißen. Sein Kommentar per Twitter lautete nur: "Bezüglich der UNO: Nach dem 20. Jänner wird es anders sein".
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