China geht gegen Fußball-Transferwahn vor

  06 Januar 2017    Gelesen: 411
China geht gegen Fußball-Transferwahn vor
Nun auch noch John Obi Mikel: Immer mehr Stars erliegen dem Ruf des Geldes aus China. Mit horrenden Ablösesummen will sich die Volksrepublik zur Fußball-Macht aufbauen. Doch das wilde Transfer-Treiben ist dem Staat offenbar nicht mehr ganz geheuer.
Der geradezu irrwitzige Kaufrausch der chinesischen Fußball-Klubs ist der Regierung nun offenbar nicht mehr geheuer. China will dem wilden Transfer-Treiben in seiner Super League angeblich ein Ende machen, getreu dem Motto: Obergrenzen für Gehälter und Ablösesummen statt ein Transferrekord nach dem anderen. Von "angemessenen Beschränkungen" und einer "Regulierung" sprach nun ein Vertreter der Regierungsstelle für Sport. Die Klubs hätten "Geld verbrannt", hieß es weiter.

Für Aufsehen gesorgt hatten vor allem der Wechsel des Brasilianers Oscar, der für angeblich über 70 Millionen Euro vom FC Chelsea zu Shanghai IPG ging, sowie der Transfer von Carlos Tevez. Der Argentinier soll durch seinen Transfer von den Boca Juniors zu Shanghai Shenhua mit 38 Millionen Euro Jahresgehalt zum bestbezahlten Profi weltweit aufgestiegen sein.

Einhalt gebieten ist nun das Stichwort, nachdem die Super League erneut auf dem bestem Wege ist, selbst die Transferausgaben der englischen Premier League zu pulverisieren. Den Staat treibt wohl die Sorge um, hier könnten schon bald Vereine wie Seifenblasen platzen. Man müsse das Ziel verfolgen, Klubs zu gründen, die 100 Jahre bestünden, sagte der Sprecher. Insolventen Vereinen könnte ein Ausschluss aus der Super League drohen. Eine strengere Finanzüberwachung soll helfen, die Ausgaben zu regulieren. Die Zahl der Spieler-Importe pro Mannschaft soll außerdem von fünf auf vier reduziert, mehr Wert auf Entwicklung denn auf kurzfristige Erfolge gelegt werden.

Hoeneß: "Das ist nur noch krank"

Weil das Reich der Mitte fußballerisch ein Zwerg ist, hatte Präsident Xi Jinping im April vergangenen Jahres die Vision geäußert, eine "Fußball-Supermacht" aufzubauen. Eine Weltmeisterschaft im eigenen Land und der WM-Titel für China sind zwei seiner großen Ziele. Aber die aktuell zu beobachtenden Auswüchse scheinen jetzt selbst in Peking Alarmstimmung auszulösen. Ein "gravierendes Phänomen" nannte sie der Sprecher und erwähnte teils "irrationale Investitionen".

Von gesundem Wachstum kann angesichts des Transfer-Treibens in China keine Rede sein. Das empfindet auch Bayern Münchens Präsident Uli Hoeneß so. "Das ist nur noch krank", sagte er in einem Interview mit "Sky Sport News": "Ich kann nur hoffen, dass das eine Episode ist, wie wir sie in Amerika auch mal hatten, als Cosmos und diese Vereine meinten, sie müssten das, was andere Vereine über 50 Jahre aufgebaut haben, in fünf Jahren mit ihrem Geld einreißen."

Hoeneß sieht die Gefahr, dass die Fans sich irgendwann vom Fußball abwenden. Und er ist nicht der Einzige. "Diese Entwicklung, die sich da abzeichnet, übersteigt alles, was ich mir in meinen schlimmsten Träumen vorgestellt habe", sagte der frühere DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig, jetzt beim Zweitligisten FC St. Pauli, jüngst der "Bild"-Zeitung: "Das kann nicht gut enden. Alles, was nicht von innen heraus wächst, hat keine Zukunft." Womöglich ist diese Erkenntnis nun auch im Fernen Osten angekommen.

Mikel will mit der Super League "abheben"

Ungeachtet der Diskussion um horrende Ablösesummen wechselt John Obi Mikel nun ein weiterer hoch gehandelter Profi aus dem europäischen Fußball nach Fernost. Der Mittelfeldspieler verlässt den FC Chelsea und schließt sich Tianjin Teda in die chinesischen Super League an. Das verkündete der 29-Jährige auf seinem Twitter-Account. Nach zehn Jahren bei dem aktuellen Spitzenreiter der englischen Premier League sei es an der Zeit, "auf Wiedersehen zu sagen", schrieb Mikel.

Laut Medienberichten soll Nigerias Nationalmannschaftskapitän bei Tianjin einen Dreijahresvertrag unterschrieben haben und pro Woche 140.000 britische Pfund (knapp 164.000 Euro) kassieren. Über die Ablösesumme wurde zunächst nichts bekannt. "Ich freue mich, ein Teil von Tianjin Teda FC zu werden zu einer Zeit, in der die chinesische Super League wirklich abhebt", kommentierte Mikel seinen Wechsel in die Liga, in der er auf seine ehemaligen Chelsea-Mannschaftskollegen Ramires (Jiangsu Suning), Demba Ba (Shanghai Shenhua) und Oscar trifft.

Bei Chelsea war Mikel unter Trainer Antonio Conte zuletzt nicht mehr regelmäßig zum Zug gekommen. Er gewann mit dem FC Chelsea elf Titel, darunter zweimal die Meisterschaft in der Premier League, viermal den FA-Cup und jeweils einmal die Champions League und die Europa League.

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