“Volksverräter“ ist das “Unwort des Jahres 2016“ und Nachfolger von “Gutmensch“

  10 Januar 2017    Gelesen: 823
“Volksverräter“ ist das “Unwort des Jahres 2016“ und Nachfolger von “Gutmensch“
Das "Unwort des Jahres 2016" ist "Volksverräter". Das gab die Sprecherin der "Unwort"-Jury, Sprachwissenschaftlerin Nina Janich, am Dienstag in Darmstadt bekannt. Das Wort sei ein "Erbe von Diktaturen" unter anderem der Nationalsozialisten.
1.064 Einsendungen waren eingegangen, weniger als 2015 (1.644) sowie in den Jahren 2014 (1.246) und 2013 (1.340).

Zum "Unwort des Jahres 2015" war der Begriff "Gutmensch" gewählt worden. Davor war "Lügenpresse" zum Unwort gekürt worden. Die "Unwort"-Aktion gibt es seit 1991.

"Volksverräter" sticht "Umvolkung" und "Rapefugee" aus

Vor der Wahl der Jury wurden Begriffe zum Thema Flüchtlinge zu den unrühmlichen Favoriten gewählt, darunter "Umvolkung" und "Rapefugee" - Letzteres ist eine Kombination aus "Rape" (Vergewaltigung) und "Refugee" (Flüchtling).

Auch das Schlagwort "Nafri", das im Polizeijargon für "nordafrikanischer Intensivtäter" steht, sowie "Fake News" für absichtliche Falschinformationen wurden als Kandidaten für das "Unwort des Jahres 2016" gehandelt.

Die "Unwort"-Jury besteht im Kern aus vier Sprachwissenschaftlern und einem Journalisten. Die Aktion mit Sitz in Darmstadt will für Sprache sensibilisieren und auf undifferenzierten, verschleiernden oder diffamierenden Gebrauch aufmerksam machen.

Neben dieser Jury wählt davon getrennt die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) in Wiesbaden das "Wort des Jahres". Für 2016 entschied sie sich für den Begriff "postfaktisch".

Die "Unwörter" der vergangenen Jahre

2015, "Gutmensch": Der Vorwurf diffamiere Hilfsbereitschaft und Toleranz pauschal als naiv und dumm, begründet die «"Unwort"-Jury.

2014, "Lügenpresse": Diese pauschale Verurteilung "verhindert fundierte Medienkritik und leistet somit einen Beitrag zur Gefährdung der für die Demokratie so wichtigen Pressefreiheit", so die Jury.

2013, "Sozialtourismus": Der Ausdruck diskriminiert laut Jury Menschen, "die aus purer Not in Deutschland eine bessere Zukunft suchen, und verschleiert ihr prinzipielles Recht hierzu".

2012, "Opfer-Abo": Das Schlagwort prägte Wetter-Moderator Jörg Kachelmann. Er meinte damit, dass Frauen immer wieder die Opferrolle zugesprochen werde. Die Jury kritisiert, der Begriff stelle Frauen pauschal unter den Verdacht, sexuelle Gewalt zu erfinden und damit selbst Täterinnen zu sein.

2011, "Döner-Morde": Dieser Begriff ist für die Mordserie der rechtsextremistischen NSU-Terroristen verwendet worden. Mit der "sachlich unangemessenen, folkloristisch-stereotypen Etikettierung" würden ganze Bevölkerungsgruppen ausgegrenzt, erklärt die Jury.

2010, "alternativlos": Das Wort suggeriere zu Unrecht, dass keine Diskussion mehr notwendig sei.

2009, "betriebsratsverseucht": Damit würden Arbeitnehmer-Interessen in völlig unangemessener Weise als Seuche dargestellt.

2008, "notleidende Banken": Der Begriff stelle das Verhältnis von Ursachen und Folgen der Weltwirtschaftskrise auf den Kopf.

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