Botschafter Ramin Hasanov: Aserbaidschan und Deutschland interessieren sich für die Vertiefung und Weiterentwicklung der Beziehungen

  19 Januar 2017    Gelesen: 3639
Botschafter Ramin Hasanov: Aserbaidschan und Deutschland interessieren sich für die Vertiefung und Weiterentwicklung der Beziehungen
Caspian Energy (CE): Herr Botschafter, Aserbaidschan versteckt seine Absicht nicht, dass er seine Beziehungen zur Europäischen Union nicht auf der Integrationsebene, sondern auf der Ebene der strategischen Zusammenarbeit, aufbauen wird. Was ist Ihre Vision hinsichtlich der Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Aserbaidschan? Wo ist die Grenze zwischen der Integration und der Zusammenarbeit in den Beziehungen beider Länder?

Ramin Hasanov, Außerordentlicher und bevollmächtigter Botschafter der Republik Aserbaidschan in der Bundesrepublik Deutschland: Wir können nur über Integration sprechen, wenn irgendein Land, das Mitglied einer internationalen Organisation oder Institution wird, sein integraler Bestandteil sein will. Andererseits kann man über Integration in jedes System von Werten sprechen. Wie Sie bereits erwähnt haben, hat unser Land keine Absicht oder einen Vorschlag bezüglich der Mitgliedschaft in der EU. Wir wollen nur die Schaffung von gegenseitig vorteilhaften und gleichberechtigten Partnerschaftsbeziehungen zur EU. Unser Land kooperiert derzeit mit der EU und Deutschland, einem EU-Mitglied. Vor einiger Zeit hat Aserbaidschan einen Abkommensentwurf über die strategische Partnerschaft der EU vorgelegt. Bekanntlich erhielten die Europäische Kommission und der Europäische Auswärtige Dienst ein entsprechendes Mandat für die Aufnahme von Verhandlungen mit Aserbaidschan. Ich möchte darauf hinweisen, dass es für uns auch wichtig ist, diese Dokumente auf bilateraler Ebene mit den EU-Mitgliedstaaten abzuschließen. Solche Dokumente wurden bereits mit einer Reihe von EU-Ländern unterzeichnet. Der Entwurf "Gemeinsame Erklärung zur Gründung der strategischen Partnerschaft zwischen der Republik Aserbaidschan und der Bundesrepublik Deutschland" wurde der deutschen Seite vorgelegt und befindet sich derzeit in der Etappe der Erörterung.

Aserbaidschan und Deutschland haben seit langem eine für beide Seiten vorteilhafte, gleichberechtigte und fruchtbare Zusammenarbeit. Es besteht ein hochrangiger politischer Dialog zwischen unseren Ländern. Unsere wirtschaftlichen Beziehungen entwickeln sich rasant. Sie gilt als eine der Hauptprioritäten für uns. Wir haben gute Beziehungen auf dem Gebiet der Kultur, des Tourismus, des Sports, der Kunst, des sozialen Bereichs usw. Die Entwicklung der Beziehungen in allen Bereichen ist für uns wichtig. Sowohl Aserbaidschan als auch Deutschland sind daran interessiert, die Beziehungen zwischen unseren Ländern zu vertiefen und auf eine höhere Ebene zu bringen.

CE: Wie hat der Besuch des Präsidenten Aserbaidschans Herr Ilham Aliyev im Juni des vergangenen Jahres in Berlin auf die Entwicklung der bilateralen Beziehungen eingewirkt?Was sind die Schwerpunkte des weiteren Ausbaus der Zusammenarbeit mit Deutschland?

Ramin Hasanov: Besuch des Präsidenten der Republik Aserbaidschan Herr Ilham Aliyev in Deutschland am 6.-7. Juni des vergangenen Jahres auf Einladung der Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland Angela Merkel leistete wesentlich einen großen Beitrag zur Entwicklung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern . Im Rahmen des Besuchs wurden zwischen dem Präsidenten Aserbaidschans und der Bundeskanzlerin der BRD der aktuelle Stand und die Zukunftsaussichten der bilateralen Beziehungen, die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Aserbaidschan und Deutschland, die Rolle Aserbaidschans in der Energiesicherheit der EU, die Lösungswege des armenisch-aserbaidschanischen Berg-Karabach-Konflikts sowie andere wichtige Themen umfassend diskutiert.

Das aserbaidschanisch-deutsche Wirtschaftsforum unter Beteiligung des Präsidenten der Republik Aserbaidschan Herr Ilham Aliyev , des Vizekanzlers von Deutschland, Ministers für Wirtschaft und Energie Sigmar Gabriel, Beteiligung von über 300 hochrangigen Vertretern der Wirtschaftskreise von beiden Seiten, die Unterzeichnung verschiedener Dokumente über die Zusammenarbeit zwischen aserbaidschanischen und deutschen Unternehmen zeigen großes Interesse an der Vertiefung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und der Ausweitung der Geschäftsbeziehungen zwischen unseren Ländern. Wie unsere deutschen Partner bemerkt haben, war das Forum für Deutschland von immensem Interesse.

Unser Staatsoberhaupt besuchte auch Deutschland im Januar 2016 zum Ziel der Teilnahme an der Münchner Sicherheitskonferenz. Daneben wurden bilaterale Besuche des Außenministers von Aserbaidschan, Herrn Elmar Mammadyarov in Deutschland und des Ministers für auswärtige Angelegenheiten Deutschlands, Herrn Frank-Walter Steinmeier in Aserbaidschan durchgeführt.

Die erwähnten bilateralen Besuche zeigen, dass es sehr aktive politische Beziehungen zwischen unseren Ländern gibt, die für die Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen notwendig sind.

Unser Land strebt die Zusammenarbeit mit Deutschland in den Bereichen Landwirtschaft, Verkehr, Tourismus und andere Prioritätsrichtungen an. Wir interessieren uns für die die Heranziehung deutscher Investoren zu vorrangigen Wirtschaftsbereichen des Landes.

Die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen unseren Ländern hat ein größeres Potential . Heutzutage erleichtert das Investitionsklima in Aserbaidschan die Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen. Investitionen im Wert von 200 Milliarden Dollar wurden in Aserbaidschan seit 1995 gemacht und etwa die Hälfte dieser Menge sind ausländische Investitionen. Jüngste Wirtschaftsreformen, einschließlich Maßnahmen zur Diversifizierung der Volkswirtschaft, haben das Geschäftsklima des Landes verbessert. Unter Berücksichtigung der Berichte und Aussagen der prominenten internationalen Finanzinstitute kann man sicher sagen, dass Aserbaidschan weltweit eines der attraktivsten Länder für ausländische Investoren ist.

Im Allgemeinen decken die Beziehungen zwischen Aserbaidschan und Deutschland ein breites Spektrum ab. Wir kooperieren mit Deutschland auch in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Sport. Rund 400 aserbaidschanische Studierende studierten oder studieren in Deutschland im Rahmen des staatlichen Bildungsprogramms der aserbaidschanischen Jugend im Ausland. Deutsche Erfahrung und Technologie sind in unserem Land hoch geschätzt. Die Vertiefung der Zusammenarbeit, um davon zu profitieren, ist ein Prioritätsbereich bilateralen Beziehungen.

Die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der beruflichen Bildung steht auf der Agenda der bilateralen Beziehungen. Die Entwicklung der Berufsbildung in Aserbaidschan steht im Mittelpunkt der Führung des Landes und es besteht auch hier die Möglichkeit einer Zusammenarbeit mit Deutschland. Die Ausbildung zur beruflichen Bildung erfolgt nach deutschem Muster in einer neu errichteten Berufsschule im Sumgayit Chemical Industrial Park.

CE: Hat die Bundeskanzlerin Angela Merkel vor, Baku zu besuchen?

Ramin Hasanov: Natürlich ist die aserbaidschanische Seite bereit, die Bundeskanzlerin der BRD in unserem Land zu einem offiziellen oder dem Arbeitsbesuch zu empfangen. Wir glauben, dass solche Besuche einen besonderen Beitrag zur Entwicklung der Beziehungen zwischen unseren Ländern leisten werden. Wir wissen auch, dass 2017 das Jahr der Wahlen in Deutschland sein wird. Die Wahlen zum Bundestag werden erwartet. Es ist nicht schwer zu erraten, dass die Bundeskanzlerin im Wahljahr einen festen Arbeitszeitplan haben wird. Aber wir arbeiten weiter, um in naher Zukunft den Besuch der Kanzlerin in Aserbaidschan zu organisieren und hoffen, dass dieser Besuch bald stattfinden wird.

CE: Herr Botschafter, was sind die Ziele und Aufgaben Ihrer Mission in Deutschland?

Ramin Hasanov: Aserbaidschanisch-deutsche Beziehungen haben etwa 200 Jahre Geschichte. Der Präsident der Republik Aserbaidschan hat ein Dekret über die Vorbereitung des Aktionsplans zum 200. Jahrestag der deutschen Siedlungen im Südkaukasus im Jahre 2017 unterzeichnet Aserbaidschan legt besonderen Wert auf die Bewahrung des deutschen Erbes in Aserbaidschan. Wir sehen die Förderung dieses Themas in Deutschland für die Vertiefung der Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern und die Annäherung unserer Völker.

Im Jahr 2017 jährt sich der 25. Jahrestag der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen unseren Ländern. Wie bereits erwähnt wurde, ist ein dynamischer politischer Dialog zwischen beiden Ländern entstanden. Deutschland ist auch ein interessantes Land als einer der führenden Nationen der Europäischen Union. Aserbaidschan ist heute eine führende Wirtschaftsmacht und ein Faktor der Stabilität in der Region, ein Initiator von regionalen Projekten mit großer politischer und wirtschaftlicher Bedeutung. Daher ist es auch wichtig, die Beziehungen zu Aserbaidschan zu entwickeln. Derzeit ist es unser Ziel, die Beziehungen zwischen den beiden Ländern auf eine strategische Ebene zu bringen.

Deutschland übernahm auch im vergangenen Jahr den OSZE-Vorsitz. Die Minsk-Gruppe dieser Organisation ist eine wichtige Vermittlungsorganisation zur friedlichen Regelung des armenisch-aserbaidschanischen Berg-Karabach-Konflikts. Deutschland hat wiederholt die Unannehmbarkeit der Aufrechterhaltung des derzeitigen Status quo erklärt und zur Beilegung des Konflikts aufgerufen. Wir möchten, dass Deutschland aktiver an der Lösung dieses Konflikts auf friedlichem Wege weiterarbeiten wird.

Auch die kulturellen Beziehungen zwischen unseren Ländern sind auf hohem Niveau. Wie Sie wissen, , wurde zum ersten Mal in Europa das Jahr der aserbaidschanischen Kultur im Jahr 2008 in Deutschland stattgefunden. In 2011-2014 in den großen Städten von Deutschland wurden Kulturveranstaltungen auf Initiative und unter der Schirmherrschaft der First Lady der Republik Aserbaidschan, Präsidentin der Stiftung Heydar Aliyev, Frau Mehriban Aliyeva durchgeführt. Der kulturelle Austausch zwischen unseren Ländern hat einen besonderen Platz in den bilateralen Beziehungen. Wir sehen ein großes Potential für die Entwicklung der Beziehungen auf dem Gebiet der Kultur und der Arbeit in dieser Richtung.

Wie oben erwähnt wurde, schafft das Investitionsklima unseres Landes ein großes Potenzial für die weitere Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen Aserbaidschan und Deutschland. Die Förderung des Investitionsklimas von Aserbaidschan in Deutschland, die Heranziehung deutscher Unternehmen nach Aserbaidschan als Investoren sowie die Unterstützung aserbaidschanischer Unternehmen, die Interesse am deutschen Markt für den Aufbau von Geschäftsbeziehungen haben, gehören zu den vorrangigen Aufgaben.

Eines der Themen, die für Aserbaidschan wichtig ist, sei die der Bekanntmachung des Potentials des Landes an Tourismus im Ausland. Wie Sie wissen, gibt es direkte Flüge zwischen Baku und den Städten Berlin und Frankfurt. Reiche Geschichte und kulturelle Denkmäler, kulturelle Vielfalt, schöne Natur unseres Landes und die sich rasch entwickelnde Architektur von Baku können für deutsche Touristen interessant sein. Die Förderung des großen touristischen Potenzials unseres Landes ist eine der Hauptrichtungen unserer Arbeit.

CE: Die Europäische Union ist derzeit der größte Handelspartner und Investor in Aserbaidschan. Was ist der Anteil Deutschlands an diesem Umsatz?

Ramin Hasanov: Eine der Hauptrichtungen der Außenpolitik Aserbaidschans ist die Schaffung und Entwicklung nachhaltiger und effektiver Beziehungen zur EU. Sie haben zu Recht festgestellt, dass die EU ein wichtiger Handelspartner und Investor in Aserbaidschan ist. Deutschland wiederum ist eines der führenden Länder der Welt und Europas.

Unsere Handelsbeziehungen erweitern sich von Jahr zu Jahr. Aserbaidschan ist der wichtigste Wirtschafts- und Handelspartner Deutschlands im Südkaukasus. Nach den Angaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie der Bundesrepublik Deutschland beläuft sich das spezifische Gewicht Aserbaidschans im Jahr 2015 auf 80% des Handelsumsatzes Deutschlands mit den südkaukasischen Ländern. Auf dieser Grundlage betrug der Handelsumsatz zwischen den beiden Ländern im vergangenen Jahr 2,9 Millionen Euro. Unter den wichtigsten Ursprungsländer deutscher Rohölimporte gibt es auch Aserbaidschan und nimmt in dieser Statistik den 6 Platz ein. Im Jahr 2015 wurden insgesamt 5,3 Mio. Tonnen Rohöl aus Aserbaidschan nach Deutschland exportiert.

Es gibt bereits etwa 170 deutsche Unternehmen in Aserbaidschan. Sie investierten über 400 Millionen Dollar im nicht-Öl-Sektor von Aserbaidschan.

Die Deutsch-Aserbaidschanische Handelskammer wurde am 12. November 2012 in Baku eröffnet. Die Eröffnung der zweiten Handelskammer in Baku unter den GUS-Staaten zeigt eine dynamische Entwicklung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen den beiden Ländern und ein großes Interesse der Wirtschaftskreise Deutschlands an unserem Land . Derzeit hat die Handelskammer mehr als 130 Mitglieder von beiden Seiten. Diese Stelle spielt eine wichtige Rolle bei der Ausweitung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit und der Handelsbeziehungen zwischen unseren Ländern.

Die aserbaidschanisch-deutsche Hochrangige Arbeitsgruppe für Handel und Investitionen wurde 2011 gegründet. Die Arbeitsgruppe hat bisher sechs Sitzungen abgehalten. Das letzte Treffen fand vom 23. bis 24. November in Baku statt. Die aserbaidschanisch-deutsche Hochrangige Arbeitsgruppe trägt auch zur Entwicklung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern bei.

Deutschland spielt auch eine wichtige Rolle in der Aserbaidschan-EU-Energiekooperation. Die Energiekooperation zwischen den beiden Ländern umfasst folgende Bereiche: Rechtsvorschriften auf dem Gebiet der Energiezusammenarbeit, Praxis der Energiesicherheit und -sicherheit, Vertiefung der Reformen am Energiemarkt, Modernisierung der Energieinfrastrukturen, Energieeffizienz, Energieeinsparung und Entwicklung erneuerbarer Energieträger.

Der Anteil des deutschen E.ON-Konzerns an der Trans Adriatic Pipeline (TAP), die den Erdgas aus der Kaspischen Region nach Europa transportieren wird, betrug 9% bis 2014. E.ON hat auch einen 25-jährigen Vertrag mit dem Shah-Deniz-Konsortium zur Lieferung des aserbaidschanischen Gases in Höhe von 40 Milliarden Kubikmeter nach Europa unterzeichnet .

SOCAR kooperiert mit der deutschen RWE bei der Erforschung und Entwicklung der vielversprechenden Struktur `Nakhchivan` und bei UNIPER bei der Energie- und Dampferzeugung.

Auch die Ausbildung der Humanressourcen ist eines der Bereiche der Zusammenarbeit zwischen unserem Land und Deutschland. Im Rahmen des gemeinsamen aserbaidschanisch-deutschen Programms zum Qualifikationswachstum der Aserbaidschaner, das vom Wirtschaftsministerium der Republik Aserbaidschan und dem Ministerium für Wirtschaft und Energie der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt wurde, haben 299 aserbaidschanische Unternehmer und junge Führungskräfte, die in den verschiedenen Bereiche der Wirtschaft tätig sind, Ausbildung und Praktikum in verschiedenen Ausbildungszentren Deutschlands abgeleistet.

Adil
Übersetzung gehört zu AzVision.az

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