Trump bleibt der Bully
Erfahrene Transatlantiker winken ab und sprechen von Hysterie. "Wird schon", sagen sie und verweisen zunächst auf zwangsläufige Unterschiede zwischen Wahlkämpfern und Wahlsiegern, und auf mäßigende Einflüsse durch Kabinettsmitglieder. Und auf politische Pendelschläge, die wir in der amerikanischen Geschichte vergangener Jahrzehnte immer wieder erlebt haben: Carter/Reagan, Bush/Clinton, Bush/Obama - jetzt eben Trump.
Drei Argumente, die nicht tragen und deshalb auch nicht beruhigen sollten. "Der meint es wirklich ernst, wir sollten uns warm anziehen", warnte Sigmar Gabriel nach der gestrigen Ansprache Trumps und er hat recht. Wenn sich Donald Trump im vergangenen Jahr durch irgendetwas ausgezeichnet hat, dann ist es Konstanz im Verhalten. Im Feld der republikanischen Bewerber um die Kandidatur, im Duell mit Hillary Clinton, im Clinch mit den Medien und selbst gestern nach dem Amtseid, als Präsident mit dem Kapitol im Rücken: Immer spricht derselbe Bully, vor Stärke strotzend und plump zugleich.
Korrektur durch die nächste Wahl nicht programmiert
Trump ist Trump ist Trump. Es spricht wenig dafür, dass sich dieser Trump von Anderen Grenzen aufzeigen lässt, dass er Diskussionen sucht, Pro und Kontra abwägen und Kompromisse schließen will. "You’re fired!" - Mit diesem Prinzip ist der Mann schließlich bekannt geworden. Seine Antrittsrede war Kampfansage pur.
Er lobte die Obamas für eine wunderbare Amtsübergabe, um unmittelbar danach ein Zerrbild von der Lage im Land zu zeichnen. Trump präsentierte sich als eine Art Erlöser mit der inzwischen vertrauten Mischung aus großspurigen Versprechnungen, gepaart mit Drohungen gegen alle, die es wagen sollten, sich in den Weg zu stellen. Nein, ein Donald Trump im Weißen Haus, das ist kein politischer Pendelschlag, wie wir andere gesehen haben. Eine Korrektur durch die nächste Wahl ist alles andere als programmiert. Bilanziert man die Gründe für den Erfolg Donald Trumps steht unterm Strich: Systemversagen.
Eine politische Klasse in Washington, welche im Rest des Landes als Kaste erscheint, die vor allem mit sich selbst beschäftigt ist und sich dabei zunehmend blockiert. Urteile des Obersten Gerichts, die unbegrenzte Mittel für Wahlkämpfe erlauben und jeden kleinen Kongressabgeordneten alle zwei Jahre in eine Millionenschlacht und damit in Abhängigkeiten zwingt. Eine Medienlandschaft, die durch "Talkradio" und 24-Stunden-Nachrichtenkanäle schon vor vielen Jahren durch Fake-News geprägt und verseucht worden ist. Dieses Geschäftsmodell ist durch Twitter und Konsorten inzwischen in eine völlig andere, noch gefährlichere Liga aufgestiegen.
Man kann hoffen - mehr nicht
Und weil sich diese Faktoren zu nachhaltigem, hochkonzentriertem politischem Gift gemischt haben, ist nicht etwa der Sieg von Donald Trump ein Betriebsunfall im demokratischen Westen, sondern es ist eher die Wahl Barack Obamas, die im Nachhinein als Freak-Ereignis der jüngeren Geschichte erscheint.
Natürlich kann man hoffen, dass das Amt schliesslich auch einen Trump zähmt, dass sich die Demokratische Partei schnell wieder aufrappelt, dass ein geschlossenes Europa in der Lage ist, Trump Paroli zu bieten. Auf all das kann man hoffen, nur die Indizien dafür, die sollte man nicht hochreden. Sie sind zur Zeit eher schwach.
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