Proteste gegen zweite Sammelabschiebung

  24 Januar 2017    Gelesen: 680
Proteste gegen zweite Sammelabschiebung
In einer gemeinsamen Aktion von Bund und Ländern sind erneut Dutzende afghanische Flüchtlinge abgeschoben worden. Menschenrechtsgruppen kritisieren die Aktion - wie auch der Innenminister von Schleswig-Holstein.
Eine Gruppe von aus Deutschland abgeschobenen afghanischen Flüchtlingen ist mit dem Flugzeug in Kabul eingetroffen. Insgesamt 26 junge Männer gehörten zu der sogenannten Sammelabschiebung, weniger als ursprünglich von den afghanischen Behörden erwartet, wie ein Behördenvertreter erklärte.

Die zweite Sammelabschiebung dieser Art hatte erneut zu Protesten geführt. Abschiebungen in ein Kriegs- und Krisengebiet seien inhuman und unverantwortlich, erklärten Pro Asyl und der Paritätische Wohlfahrtsverband. Die Sicherheitslage in Afghanistan habe sich laut Uno-Flüchtlingshilfswerk UNHCR in den vergangenen Monaten drastisch verschlechtert.

Knapp hundert Menschen demonstrierten am Montagabend auf dem Flughafen Frankfurt gegen die erzwungene Ausreise. Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt sprach von einem "russischen Roulette auf dem Rücken der Flüchtlinge". Angesichts der dramatisch verschlechterten Situation in Afghanistan müssten Ablehnungen aus den Jahren 2015 und 2016 noch einmal überprüft werden, forderte er.

"Gesamtes Staatsgebiet vom Konflikt betroffen"

Unterstützung kam von Schleswig-Holsteins Innenminister Stefan Studt. Eine Rückkehr "in Sicherheit und Würde" sei nicht gewährleistet, sagte der SPD-Politiker den Tageszeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. "Das gesamte Staatsgebiet ist letztlich von einem innerstaatlichen bewaffneten Konflikt betroffen." Deshalb fordere er einen Abschiebestopp nach Afghanistan.

Das Flugzeug mit den Flüchtlingen war gegen 21 Uhr in Deutschland abgehoben, teilte Pro Asyl mit. Bei den Abgeschobenen handelt es sich nach Angaben des Redaktionsnetzwerks Deutschland vor allem um alleinstehende Männer aus Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Darunter seien auch Straftäter.

Ein Sprecher von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) wollte sich in Berlin dazu nicht äußern. De Maizière hatte nach der ersten Sammelabschiebung von 34 Afghanen Mitte Dezember erklärt, dass ein Drittel von ihnen Straftaten begangen habe. Zudem kündigte er an, solche Aktionen auch künftig gemeinsam mit den Ländern zu planen. Im Herbst hatte Deutschland mit Afghanistan ein neues Rücknahmeabkommen getroffen.

Rund 1600 Afghanen ausreisepflichtig

Pro Asyl nannte die Abschiebung in ein Kriegs- und Krisengebiet mit Billigung von Landespolitikern aus CDU, SPD und Grünen einen "Tabubruch". "Der Kretschmann-Flügel der Grünen und Teile der SPD geben rechten Stimmungen nach, um der AfD das Wasser abzugraben", sagte Geschäftsführer Burkhardt.

Von den rund 250.000 in Deutschland lebenden Afghanen waren Mitte Dezember nach Angaben des Bundesinnenministeriums rund 1600 ausreisepflichtig. Weitere 10.300 sind geduldet. Das heißt, dass sie zwar keinen Anspruch auf Asyl haben, die Abschiebung aber ausgesetzt ist.

Quelle : spiegel.de

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