Merkel erwägt Rückkehr zu Einzelfallprüfung

  10 November 2015    Gelesen: 483
Merkel erwägt Rückkehr zu Einzelfallprüfung
Sollen sie dürfen oder nicht? Die Union streitet über strengere Maßnahmen im Umgang mit syrischen Flüchtlingen. Kanzlerin Merkel äußert sich ohne Basta - und zeigt sich offen für Verschärfungen. Koalitionspartner SPD hält die Diskussion schlicht für überflüssig.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich in der Frage nach dem Familiennachzug der syrischen Flüchtlinge positioniert - sie zeigt sich offen für Verschärfungen und wie so häufig: als Vermittlerin. Derzeit gelte der sogenannte subsidiäre Schutz mit eingeschränktem Nachzugsrecht für Familienangehörige nur für einen kleinen Teil der Flüchtlinge, sagte Merkel am Montagabend.

Die Frage stehe im Raum, ob künftig doch wieder erst nach mündlichen Anhörungen rasch über den Schutzstatus entschieden werde. So war es bereits vor einem Kurswechsel vom November 2014. Seitdem müssen Syrer keine persönliche Anhörung mehr durchlaufen, sondern können ihre Fluchtgründe schriftlich erklären und bekommen ohne Einzelfallprüfung fast durchweg Flüchtlingsschutz nach der Genfer Konvention - und damit das Recht auf einen längeren Aufenthalt und Familiennachzug.

Über diese Frage würden die Innenminister von Bund und Ländern bald diskutieren, sagte Merkel: "Ich hoffe, wir kommen dabei auch zu einer einvernehmlichen Lösung. Es muss Beschleunigung einerseits und Ordnung andererseits der Asylverfahren gewährleistet werden."

Die Kanzlerin positioniert sich also dort, wo sie so häufig steht: Irgendwo zwischen den Forderungen, um einen Kompromiss zu finden. Manche in der Union finden das gefährlich für sie: "Nur die Kanzlerin kann den Konflikt lösen. Sie muss ein Machtwort sprechen. Wenn sie das nicht tut, hat sie einen bleibenden Autoritätsschaden. Dann war`s das", hatte ein CDU-Abgeordneter n-tv.de gesagt.

Ihr Sprecher Steffen Seibert betonte jedoch: "Grundlage bleiben die Koalitionsbeschlüsse von Donnerstag." Der Kanzlerin sei es wichtig, "dass wir als Regierungskoalition vorankommen".

Zögern bei Koalitionspartner SPD

Bundesinnenminister Thomas de Maizière hatte die Begrenzung des Familiennachzugs am Freitag öffentlich in den Raum gestellt und war danach wieder zurückgerudert. Zahlreiche Unionspolitiker sprangen ihm jedoch zur Seite und sprachen sich für die Rückkehr zur Einzelfallprüfung und andere Einschränkungen bei syrischen Flüchtlingen aus.

Vom Koalitionspartner SPD gibt es kein klares Nein zur Einzelfallprüfung, aber auch kein Ja. "Zum jetzigen Zeitpunkt wird es von der SPD eine solche pauschale Zustimmung nicht geben", sagt Generalsekretärin Yasmin Fahimi.

Die Sozialdemokraten halten die Diskussion derzeit schlicht für überflüssig. "Es geht uns nicht um eine grundsätzliche ideologische Ablehnung eines Vorschlags", so Fahimi. Der Familiennachzug bei Syrern sei derzeit konkret nicht relevant, weil die Betroffenen wegen des Staus bei den Asylanträgen diesen nicht beantragen könnten. Das Thema könnte erst "in vielen Monaten" akut werden.

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