Türkei fordert, Asyl für Soldaten abzulehnen

  31 Januar 2017    Gelesen: 726
Türkei fordert, Asyl für Soldaten abzulehnen
Dutzende türkische Nato-Soldaten beantragen in Deutschland Asyl. Ankara ist wenig erfreut - und fordert von Berlin die Auslieferung. Dort reagiert man abweisend. Der Streit könnte Merkels Ankara-Reise überschatten.
Vor dem Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Türkei sorgen die Asylgesuche Dutzender türkischer Offiziere in Deutschland für Streit. Der türkische Verteidigungsminister Fikri Isik forderte Deutschland zur Ablehnung aller Asylanträge auf. Die Bundesregierung betonte dagegen, die Entscheidung liege allein bei den zuständigen Asylbehörden. Scharfe Kritik am Besuch Merkels in Ankara kam derweil vom türkischen Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu.

Deutsche Medien hatten am Wochenende berichtet, dass seit dem gescheiterten Militärputsch am 15. Juli etwa 40 türkische Soldaten in Deutschland Asyl beantragt hätten. Demnach handelt es sich zumeist um hochrangige Militärs, die in Nato-Einrichtungen stationiert waren. Die Soldaten sagten dem "Spiegel" und dem "Report Mainz", dass sie bei einer Rückkehr in die Türkei ihre Inhaftierung fürchten würden.

"Keine politische Frage"

Verteidigungsminister Isik warnte Deutschland davor, den Männern Schutz zu gewähren. Die deutschen Behörden "dürfen diese Asylanträge absolut nicht annehmen", sagte Isik. "Für ein Land wie Deutschland, das sehr enge kulturelle, soziale und politische Beziehungen zur Türkei hat, wäre es zutiefst inakzeptabel, Schutz zu gewähren." Es sei seine "Erwartung", dass Deutschland die Asylanträge zurückweise.

Merkels Sprecher Steffen Seibert betonte dagegen, dass es für die Bundesregierung "keine politische Frage ist, sondern eine Frage, wo entsprechend der Regelungen des deutschen Asylrechts Einzelfall für Einzelfall von der zuständigen Behörde geprüft wird". Schon das Bundesinnenministerium hatte am Wochenende betont, dass die Anträge nach dem üblichen Verfahren bearbeitet würden.

Die Nato erklärte ihrerseits, Asylanträge türkischer Nato-Soldaten lägen allein in der Zuständigkeit der betroffenen Staaten. "Asyl-Anträge müssen von nationalen Behörden beurteilt werden", sagte eine Nato-Vertreterin. "Die Nato spielt in diesem Verfahren keine Rolle." Nach dem Putschversuch waren nach Nato-Angaben rund 150 türkische Soldaten an Nato-Einrichtungen entlassen worden. Etliche beantragten daraufhin Asyl. Zuletzt hatte ein griechisches Gericht die Auslieferung mehrerer türkischer Soldaten abgelehnt, die nach dem Militärputsch mit einem Hubschrauber ins Nachbarland geflohen waren.

Scharfe Kritik an Merkel

Die Asylgesuche der Soldaten in Deutschland dürften auch Thema beim Besuch von Merkel in Ankara am Donnerstag sein. Die Türkei wirft Deutschland seit Monaten vor, geflohenen Mitgliedern der Gülen-Bewegung Zuflucht zu gewähren, die in der Türkei für den gescheiterten Staatsstreich verantwortlich gemacht wird. Auch Mitglieder der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) würden frei in Deutschland agieren können.

Scharfe Kritik am Besuch von Merkel kam von Oppositionsführer Kilicdaroglu. Der Vorsitzende der Republikanischen Volkspartei (CHP) warf ihr in der "Süddeutschen Zeitung" Unterstützung für Präsident Recep Tayyip Erdogan und seine Pläne zur Einführung eines Präsidialsystems vor. "Vielleicht ist das wieder der Grund, warum sie kommt: ihn zu unterstützen, Hilfe für Erdogan. Darauf läuft ihre Reise doch hinaus, oder?", sagte er. Das Präsidialsystem, über das Anfang April in einem Referendum abgestimmt wird, werde "das Ende der Demokratie in der Türkei" bedeuten, warnte Kilicdaroglu.

Merkel hatte auch vor der Parlamentswahl im November 2015 die Türkei besucht. Die Opposition hatte ihr damals vorgeworfen, Wahlkampfhilfe für Erdogans islamisch-konservative AKP zu betreiben. Regierungssprecher Seibert wies die Kritik am anstehenden Merkel-Besuch zurück. "Jeder Gedanke, dass damit irgendeine Positionierung der Bundeskanzlerin bei dem anstehendem türkischen Verfassungsreferendum verbunden wäre, ist absurd", sagte Seibert. Gerade in diesen Zeiten sei es wichtig, mit diesem wichtigen Nachbarstaat in "kontinuierlichem Kontakt" zu bleiben.

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