Als voraussichtlichen Termin für die Volksabstimmung kündigte die Regierung den 16. April an. Das wäre kurz vor dem Auslaufen des Ausnahmezustands, der bislang bis zum 19. April gilt. Das endgültige Datum für das Referendum legt die Wahlkommission fest. Der Ausnahmezustand könnte vor der Abstimmung aufgehoben werden.
Kommt in der Volksabstimmung eine Mehrheit für die Verfassungsreform zustande, wird das parlamentarische System in der türkischen Republik durch ein Präsidialsystem ersetzt.
Der Präsident würde dann zugleich als Staats- und Regierungschef amtieren und könnte weitgehend per Dekret regieren. Sein Einfluss auf die Justiz würde noch weiter zunehmen.
Die Umsetzung der Verfassungsreform soll - wenn das Volk der Änderung zustimmt - schrittweise erfolgen. Mit einer für November 2019 geplanten Wahl von Präsident und Parlament soll die Reform abgeschlossen werden. Im Parlament war bereits im Januar die für das Referendum notwendige 60-Prozent-Mehrheit erzielt worden. Erdogans islamisch-konservative Regierungspartei AKP hatte dabei auf Stimmen aus der ultranationalistischen Oppositionspartei MHP zählen können.
Erdogan verknüpft Referendum mit Todesstrafe
Zudem hat Erdogan bei einer Zustimmung zu seinem Präsidialsystem beim Referendum eine Wiedereinführung der Todesstrafe in Aussicht gestellt. "So Gott will, wird der 16. April ein Signal für diese Sache sein", sagte Erdogan zu Rufen nach ihrer Wiedereinführung bei einem Auftritt in Istanbul. "Das Ende derer, die meinen Soldaten, meinen Polizisten, meinen Dorfschützer, meinen Bürger zum Märtyrer zu machen ist genau, wie Ihr sagt, die Todesstrafe."
Der Präsident fügte hinzu: "Wie könnten wir das Blut meines Soldaten, meines Polizisten ungerächt lassen? Deshalb "Ja" am 16 April." Bei dem Referendum stehen allerdings nur Verfassungsänderungen zu dem Präsidialsystem zur Wahl, nicht zur Wiedereinführung der Todesstrafe.
Riexinger: "Es gibt auch staatlichen Terror"
Die größte Oppositionspartei CHP und die pro-kurdische HDP sind strikt gegen das Präsidialsystem. "Wir leben zurzeit in einer Diktatur", sagte die stellvertretende Fraktionschefin der HDP, Filiz Kerestecioglu. Das von Erdogan angestrebte Präsidialsystem sei "der Versuch, diese Diktatur zu legitimieren".
Kerestecioglu war in Istanbul mit Linke-Chef Bernd Riexinger zusammengetroffen, der der HDP einen Solidaritätsbesuch abstattete. Riexinger verglich das Vorgehen Erdogans mit Terrorismus. "Es gibt Terror, und es gibt auch staatlichen Terror. Erdogan führt Krieg gegen Teile der eigenen Bevölkerung. Und die Methoden, die dort angewendet werden, sind durchaus mit Terror zu vergleichen", sagte er.
Riexinger fügte hinzu: "Es ist völlig klar, dass die Türkei auf dem Weg eines modernen Sultanats ist, einer Diktatur. Anders kann man es nicht sagen, wenn Oppositionelle in den Gefängnissen eingesperrt werden und Journalisten verhaftet werden." Kerestecioglu sagte, inzwischen säßen in der Türkei 2500 HDP-Mitglieder in Untersuchungshaft. Darunter sind die Parteichefs Selahattin Demirtas und Figen Yüksekdag sowie weitere Abgeordnete der zweitgrößten Oppositionspartei im Parlament. Erdogan wirft der HDP vor, der verlängerte Arm der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK zu sein. Die Partei weist das zurück. Erdogan hatte den Ausnahmezustand nach dem Putschversuch im Juli 2016 verhängt. Er wurde bislang zwei Mal verlängert.
Quelle: n-tv.de
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