Lawrow auf Sicherheitskonferenz: Zeit ist reif für neue Weltordnung zum Wohle aller

  19 Februar 2017    Gelesen: 481
Lawrow auf Sicherheitskonferenz:  Zeit ist reif für neue Weltordnung zum Wohle aller
Nach Ansicht des russischen Außenministers ist die NATO eine Institution des Kalten Krieges und agiert bis heute auf dieser Grundlage. Dies führte zu weiteren Konflikten und dazu, dass die EU bis heute unsouverän agiere. Unter diesen Umständen sei ein dauerhafter Frieden unmöglich. RT Deutsch präsentiert die heutige Rede Lawrows bei der Münchner Sicherheitskonferenz in voller Länge.
Russlands Warnungen vor zehn Jahren sind wahr geworden:

Meine Damen und Herren, vor zehn Jahren sprach der russische Präsident Wladimir Putin vor dieser Konferenz und damals dachten viele im Westen, dass damit eine Herausforderung, gar eine Bedrohung einherginge, obwohl die Kernbotschaft war, dass wir der Unilateralität abschwören und zur Zusammenarbeit auf Grundlage des Völkerrechts kommen müssen. Also, dass wir gemeinsame Lösungen finden sollten. Leider aber haben diese Warnungen kein Gehör gefunden und jetzt erleben wir ein historisches Zeitalter, bei dem wir vom Szenario eines neuen Kalten Krieges sprechen. Nun sehen wir das Ergebnis.

Die NATO hat den Kalten Krieg nie beendet:

Tatsächlich ist es uns nicht gelungen, neue Institutionen nach dem Kalten Krieg aufzubauen, was dazu geführt hat, dass Demokratiebestrebungen im Nahen Osten und in Nordafrika behindert wurden. Die Stärkung der NATO in den vergangenen Jahren hat zur Erhöhung der Spannungen geführt. In diesem Jahr begehen wir den zwanzigsten Jahrestag der Unterzeichnung der NATO-Russland-Grundakte. Damals einigte man sich auf die gemeinsame Verpflichtung, auf der Grundlage der gegenseitigen Interessen für Sicherheit zu sorgen und darauf, einen kontinentalen Zusammenstoß zu verhindern. Das ist aber nicht geschehen. Im Wesentlichen deswegen, weil die NATO nach wie vor eine Institution des Kalten Krieges ist, sowohl im Denken als auch im Herzen. Bedauerlicherweise wurde der Kalte Krieg also nicht überwunden. Das kann man auch von vielen Auftritten ablesen von Politikern in Europa und in den USA. Dazu gehören auch die Erklärungen, die wir hier gestern und heute gehört haben. Wir sind gegen die Ausbreitung der NATO, das sagte ich bereits. Das lässt sich auch nicht auf Russland abwälzen. Russland trägt dafür keine Schuld. Und auch nicht für die Art und Weise, wie hier versucht wird, eine neue freiheitliche Ordnung zu schädigen oder zu verhindern.

Es ist Zeit, die westliche Weltordnung zu überwinden:

Wir erleben eine wirtschaftliche und politische Globalisierung. Diese führte dazu, dass eine Art Elite-Club an Staaten die Welt regiert. Das kann auf Dauer nicht funktionieren. Deshalb müssen wir Entscheidungen treffen und ich hoffe, dass diese darauf abzielen werden, eine gerechte demokratische Weltordnung zu schaffen. Vielleicht eine „Post-West-Weltordnung“, bei der die Souveränität der Staaten wieder gewährleistet ist, im Namen des Völkerrechts und bei der jeder seine nationalen Interessen verfolgen kann, aber auch Respekt für die nationalen Interessen anderer zeigt.

Ein gemeinsames Eurasien zum Wohle unserer Völker:

Russland hat nie versucht seine Meinung zu verschleiern und wir haben immer versucht einen gemeinsamen Raum zu schaffen und gute nachbarschaftliche Beziehungen zu entwickeln, von Vancouver bis Wladiwostok. Wir brauchen enge Beziehungen zwischen Russland, den USA und der EU. Wir brauchen die Vorhersehbarkeit. Das ist auch wichtig für unsere Nachbarstaaten, die immer bei unserer Politik Berücksichtigung gefunden haben. Deswegen wollen wir im Rahmen der GUS, der Eurasischen Union, der CSTO, dem Schanghai-Abkommen und mit den BRICS-Staaten zusammenarbeiten. Wir sind stolz darauf, einen Kontinent mit Europa zu bilden und wir haben ja auch eine gemeinsame Erfolgsgeschichte hinter uns. Der Erfolg stellte sich immer dann ein, wenn wir gemeinsam für unsere Völker gearbeitet haben.

Die EU ist nicht souverän:

Millionen Sowjetbürger haben für die Freiheit Europas ihr Leben gelassen. Wir wollen ein freies Europa sehen, dass in internationalen Fragen unabhängig agiert. Wir hoffen darauf, dass in Zukunft vorsichtig agiert wird. Tatsächlich hat die EU aber nach wie vor nicht die Stärke gefunden, eine unabhängige Politik gegenüber Russland zu verfolgen. Der gesunde Menschenverstand wird für russophobe Elemente geopfert.

Wir wollen friedliche Beziehungen, auch zu den USA:

Und wie sehen die Beziehungen zu den USA aus? Wir brauchen pragmatische Beziehungen. Wir brauchen internationale Stabilität. Wir waren nie direkt im Konflikt miteinander. Wir hatten sehr viel mehr gemeinsam in der Vergangenheit, als es Auseinandersetzungen gab. Wir haben die Vereinigten Staaten unterstützt und es ist in unserem gemeinsamen Interesse die amerikanisch-russischen Beziehungen weiter zu stärken. Die USA sind für uns genau soweit weg, wie die EU. Die Beringstraße ist nur vier Kilometer breit und die Zusammenarbeit in wirtschaftlichen und humanitären Bereichen kann noch enorm erweitert werden. Wir sind dazu bereit, wenn die USA dazu bereit sind.

Nur wenn wir alle zusammenarbeiten, können wir die Krisen überwinden:

Heute sehen wir ein Übermaß an globalen Bedrohungen. Der Drogenhandel, die Probleme in Afghanistan, in Libyen, der blutige Krieg in Syrien und in anderen Ländern. Ich hoffe, dass die Münchner Sicherheitskonferenz uns die Gelegenheit geben wird, diese sowie die innereuropäischen Konflikte zu besprechen. Es muss uns dabei klar sein, dass die Probleme nicht mit militärischen Mitteln gelöst werden können. Was den inneren Konflikt in der Ukraine angeht, ist natürlich wichtig, dass wir die Minsker Vereinbarungen umsetzen, insbesondere in den Regionen Lugansk und Donezk. Den Worten müssen endlich Taten folgen.

Wir stehen vor großen Herausforderungen und müssen Kompromisse finden. Es darf nicht länger nach der Konfrontation gesucht werden. Und für Nullsummenspiele ist hier kein Platz. Russland möchte mit niemandem einen Konflikt haben, aber wir müssen auch unsere eigenen Interessen schützen. Wir wollen einen Dialog, der zum Nutzen aller sein sollte. Alexander Gortschakow hat einmal gesagt, als er im Juli 1861 vor dem damaligen amerikanischen Botschafter sprach, dass es keine einseitigen Interessen gäbe, die nicht zusammengebracht werden könnten, wenn man sich nur mit gemäßigtem Ansatz miteinander zusammensetzen würde. Wenn wir alle diese Worte unterschreiben würden, dann könnten wir die gegenwärtige Ära tatsächlich überwinden und auf der internationalen Weltbühne eine gemeinsame Stimme finden, damit wir dann irgendwann eine Post-Fake-Ära erreichen. Vielen Dank.

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