Gefallene Wirtschaftsbosse sind in Südkorea keine Seltenheit. Dasselbe Gefängnis, in dem Lee sitzt, hat bereits den Präsidenten der Hanwha-Gruppe, Kim Seung-yeon, und den Vorsitzenden der SK-Gruppe, Chey Tae-won beherbergt. Beide haben ihre Geschäfte aus dem Knast fortgeführt - auch wenn die Privilegien für prominente Häftlinge überschaubar sind.
Das ist auch bei Lee, Spross von Südkoreas reichster Familie, nicht anders. Sein Privatvermögen wird auf gut sechs Milliarden Dollar geschätzt. Helfen kann ihm das im Moment nicht. Statt üppiger Mahle bekommt er einfache Reisgerichte. Von der Außenwelt ist er abgeschlossen. Seine Zelle darf er nur für eine Stunde am Tag verlassen. Kontakte zu anderen Inhaftierten sind untersagt. Er hat kein Telefon, keinen Computer und keinen Zugang zum Internet. Und im Fernsehen läuft auch nur das, was das Gefängnis erlaubt.
Lee sitzt seit knapp einer Woche wegen Korruptionsverdachts ein. Umgerechnet 34 Millionen Euro Schmiergeld soll er an Organisationen einer Freundin von Südkoreas vorläufig entmachteten Staatschefin Park Geun Hye gezahlt haben. Mit dem Geld hat er angeblich vor zwei Jahren einen staatlichen Pensionsfonds dazu bewegt, einer milliardenschweren Fusion zweier Konzerntöchter zuzustimmen. Darüber hinaus wird er beschuldigt, Gewinne aus Straftaten verborgen zu haben. Lee droht nun deshalb eine Anklage wegen Korruption, Untreue und Meineids.
"Es ist deprimierend, einsam und miserabel"
Die Haftbedingungen zeugen von der Schwere der Anklage. Die Zeit, da der 48-Jährige geschiedene Vater zweier Kinder in seiner vier Millionen Dollar teuren Villa in Seoul im Luxus schwelgte, könnte - sollte er verurteilt werden - bald zu einer schönen Erinnerung verblassen. "Es ist deprimierend, einsam und miserabel", zitiert die Finanzagentur Bloomberg einen 55-jährigen politischen Aktivisten, der fast vier Monate in derselben Haftanstalt verbrachte, nachdem er wegen illegaler Proteste verhaftet worden war. "Es ist kein Ort für wohlhabende Geschäftsleute, sich wohl zu fühlen."
Dennoch reichen die Extras aus, damit Manager wie Lee weiter die Strippen in ihren Imperien ziehen. Auch wenn die neue Umgebung nichts mit dem gewohnten Büroalltag zu tun hat, ums Tagesgeschäft können sie sich kümmern. Andere vor Lee haben das bewiesen. Wie das funktioniert, beschreibt ein Professor an der Kyung Hee Universität in Seoul, dessen Spezialgebiet Corporate Governance ist.
Wie Kwon Young-june Bloomberg berichtet, können sich die gefallenen Unternehmenslenker in der viertgrößten Volkswirtschaft Asiens zum Beispiel solange sie wollen mit ihren Anwälten in einem separaten Raum treffen. Lee könne über diesen Umweg mit Vertretern des Firmenimperiums kommunizieren, berichtet Kwon. So bleibe er auch an Entscheidungsprozessen beteiligt. Warum das vorgesehen ist, erklärt er auch: "Es ist eine rückständige Kultur. Führungskräfte können ihre Posten im Gefängnis behalten, weil sie auch die Besitzer sind."
Lee ist der Enkel von Lee Byung-chull, der Samsung 1938 gründete. Sein Vater Lee Kun Hee - der ebenfalls wegen Korruption im Gefängnis saß - wurde 2014 durch einen Herzinfarkt außer Gefecht gesetzt. Seitdem ist Lee faktisch Unternehmenschef.
Die Staatsanwaltschaft hat nun bis zum 27. Februar Zeit, um offiziell Anklage zu erheben. Eine Fristverlängerung ist möglich. Nach einer Anklage müsste ein Gericht binnen drei Monaten ein Urteil sprechen. Samsung und Lee haben ein Fehlverhalten stets bestritten. Zuletzt erklärte die Gruppe: "Wir werden unser Bestes tun, um sicherzustellen, dass bei künftigen Gerichtsverfahren die Wahrheit ans Licht kommt." Ob sie gegen die Verhaftung vorgehen oder einen Kautionsantrag stellen wird, ist nach Angaben eines Konzernsprechers noch nicht entschieden.
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