Archäologen finden außergewöhnliches Maya-Amulett

  03 März 2017    Gelesen: 3123
Archäologen finden außergewöhnliches Maya-Amulett
Der Süden von Belize gilt archäologisch als eher provinziell. Doch ausgerechnet dort haben Forscher nun einen seltenen Fund gemacht. Was verrät er über das Mayareich?
Es ist eine Entdeckung, die Archäologen nicht jeden Tag machen. Selbst im Mayagebiet von Mittelamerika nicht, wo Schmuck aus Jade weit verbreitet war und in etlichen Gräbern gefunden wurde.

Doch der Anhänger, den Geoffrey Braswell und sein Team von der University of California gefunden haben, ist etwas Besonderes. Das Kleinod aus dem grünlich schimmernden Stein ist nicht nur der zweitgrößte derartige Fund in Belize. Ungewöhnlich ist die Entdeckung, weil sie fernab von Gräbern einst mächtiger Maya-Herrscher in den großen Metropolen wie Tikal in Guatemala, Palenque oder Calakmul in Mexiko oder Caracol in Belize gemacht wurde. In der kleineren Siedlung Nim Li Punit im Süden von Belize nahe der Stadt Punta Gorda, die nur aus ein paar Tempeln besteht. Der Größte bringt es gerade einmal auf eine Höhe von zwölf Metern.

Doch genau dort fanden die Archäologen den T-förmigen, knapp 19 Zentimeter langen und zehn Zentimeter hohen Anhänger, berichten sie in der Fachzeitschrift "Ancient Mesoamerica". In der Grabungssaison 2015 arbeiteten die Forscher an einem Palast, als sie eine unberührte aber eingestürzte Kammer fanden. Darin befand sich neben 25 Keramiken und einem bearbeiteten Stein aus Flint das Jade-Pektoral. Neben einigen Zähnen gab es jedoch keine weiteren Spuren von menschlichen Überresten. Die Kammer konnten die Forscher auf etwa 800 nach Christus datieren, knapp 50 Jahre später war die Blütezeit von Nim Li Punit vorbei.

Spannend ist der Fund aber nicht nur, weil das Stück besonders groß und fein gearbeitet ist. Auf der Jade finden sich rote, feine Linien: Insgesamt wurden auf der Vorderseite 30 Hieroglyphen eingraviert. Von ihnen erhofften sich die Forscher Angaben über den Besitzer und die Herkunft. "Die Geschichte, die sie erzählen, ist kurz aber wichtig", sagt Braswell, der zusammen mit Christian Prager von der Universität Bonn eine Analyse gemacht hat.

Demnach gehörte der Anhänger Janaab' Ohl K'inich, einem Herrscher der Ortschaft. Das Schmuckstück wurde wohl erstmals gegen 672 nach Christus für eine religiöse Zeremonie verwendet. Zudem werden in den Glyphen, wie in Mayatexten häufig zu finden, auch die Ahnen des Herrschers erwähnt. Schließlich konnte man auf diese Weise seinen Machtanspruch rechtfertigen.

Laut dem Text stammt die Mutter von Janaab' Ohl K'inich aus Cahal Pech, einem Ort im Westen des heutigen Belize. Der Vater könnte aus Guatemala sein, starb aber vor seinem 20 Lebensjahr. Auch das Jahr 647 nach Christus, den Beginn von Janaab' Ohl Regentschaft erwähnt der Text. Am Schluss wird der König mit Caracol in Verbindung gebracht, der großen und mächtigen Stadt weiter nördlich, nahe der Grenze zum heutigen Guatemala.

Jade aus Guatemala

Interessant ist auch, dass der Anhänger offenbar auf zwei Stelen zu sehen ist, die in dem Ort steht und die Archäologen bereits bei früheren Ausgrabungen gefunden haben. Auf dem steinernen Relief ist Janaab' Ohl K'inich abgebildet, wie er einen T-förmigen Anhänger um dem Hals trägt.

Laut den Forschern ist die Inschrift auf dem Anhänger Zeugnis für eine politische Begebenheit im alten Mayareich: Sie vermuten, dass der Anhänger nicht in Nim Li Punit gefertigt wurde. Die Jade stammt aus dem Hochland von Guatemala. Das ist zwar nicht ungewöhnlich, finden sich doch zahlreiche Belege für intensiven Handel im Verbund der zahlreichen kleinen Maya-Stadtstaaten. Doch wahrscheinlicher ist, dass das Stück erst mit dem Herrscher aus dem Norden in die Provinz kam. Und somit das erste Zeugnis von Königtum in der Ortschaft ist. Die Inschrift ist die bislang älteste, die in Nim Li Punit gefunden wurde. Eine zusätzliche Möglichkeit sei zudem, dass der damals mächtigere Norden in der südlichen Provinz nach Verbündeten gesucht hat.

In jedem Fall sei der Fund ein Beleg für eine Verbindung der beiden Regionen. Das ist neu, denn bisher ist eine solche Nord-Süd-Connection nicht belegt. "Wir hatten nicht erwartet, Spuren einer Königsdynastie und von politischen Bündnissen zu finden", so Braswell über seine Hypothese.

Bleibt die Frage, warum der Anhänger ohne seinen Besitzer vergraben wurde. Auch hier haben die Forscher eine Vermutung: Das T-förmige Schmuckstück wurde in einer ebenfalls T-förmigen architektonischen Struktur gefunden. Das assoziieren die Forscher mit der Mayaglyphe "ik", die für Wind und Atem steht. Möglicherweise war der Fund also eine Art Opfergabe an den Gott des Windes, der mit der Bitte versehen war, den Wind für die Ernte notwendigen Regen herbeiwehen zu lassen. Dafür war der Herrscher wohl bereit, sein kostbares Schmuckstück herzugeben.

Dass dem Anhänger auch heute noch großer Wert beigemessen wird, zeigt sich in der Art wie er aufbewahrt wird: Derzeit befindet er sich im Tresor der Central Bank of Belize in Belize City.

Quelle : spiegel.de

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