Als Zeuge wurde einerseits der ehemalige Vorstandsmitglied der Cumhuriyet Stiftung İnan Kıraç befragt, der Unternehmer ist und lange Zeit auch als Vorsitzender des Koc-Imperiums einen Namen gemacht hat. Andererseits wurde der Autor und Journalist Rıza Zelyut als Zeuge geladen, der in der Tageszeitung Cumhuriyet berichtete und mittlerweile in der Aydinlik schreibt.
Laut türkischen Medien sind jetzt erste Vernehmungsprotokolle publik geworden. Demnach sagte İnan Kıraç gegenüber der Generalstaatsanwaltschaft aus, er habe den ehemaligen bekannten Chefredakteur der Tageszeitung Cumhuriyet İlhan Selçuk vor seinem Tod im Jahre 2010 besucht. Dabei habe ihm İlhan Selçuk dazu gedrängt, dass die damaligen Vorsitzenden der Stiftung Alev Coskun oder Sevket Tokus als Chefredakteur eingesetzt werden, damit die Linie der Zeitung beibehalten wird. Kurz nach dem Tod von İlhan Selçuk habe man aber laut Kıraç die zwei Vorsitzenden aus der Stiftung herausgedrängt und nacheinander andere eingesetzt sowie einen Vorsitzenden eingesetzt, der die Linie der Zeitung maßgeblich beeinflusst habe. Er habe das mit bedauern aufgenommen und seit dem habe sich die Linie der Zeitung bis in die Gegenwart hinein komplett verändert. Kıraç sagte, seit dem habe er selbst keine einzige Cumhuriyet-Zeitung mehr gekauft oder darin auch nur gelesen.
Rıza Zelyut erklärte gegenüber der Generalstaatsanwaltschaft, auf die Frage hin, was er mit einem früheren Artikel zur FETÖ gemeint habe: "Die FETÖ wollte die Öffentlichkeit gegen die Nationalisten und Kemalisten aufwiegeln". Mit den Morden an Hrant Dink, dem Pastor Santoro, die Morde im Zirve-Verlag sowie den Staatsrat-Vorfällen, hätte die FETÖ gegenüber den Nationalisten und Kemalisten ein Feindbild aufgebaut, die Öffentlichkeit auf diese Gesellschaftsschichten fokussiert und aufgewiegelt, so Zelyut.
Laut Zelyut soll die FETÖ dabei kemalistische wie auch nationalistische Tageszeitungen infiltriert haben, um dieses Vorhaben auch umzusetzen. "Nach dem Tod von İlhan Selçuk sickerten sie in die Zeitung Cumhuriyet ein und übernahmen auch die Vorstandsetage." sagte Zelyut gegenüber der Generalstaatsanwaltschaft. Zelyut zufolge habe der Vorstandsvorsitzender Akın Atalay dabei eine Schlüsselrollte gespielt, um die Journalisten Mustafa Balbay (wegen Ergenekon verhaftet und wieder freigelassen), Mehmet Farac, Bedri Baykan und Alev Coskun (alle entlassen worden) in der Redaktion zu disqualifizieren und aus der Zeitung herauszudrängen.
Zelyut und Kıraç gaben an, dass die Zeitung nach diesen Vorfällen eine FETÖ/PDY sowie HDP Linie verfolgt und damit zahlreiche Leserkreise verloren habe. Daher würden auch Kosenamen für die Tageszeitung im Umlauf sein oder gebe es eine Platform namens CUMOK, unter der ehemalige Leser ständig die Cunhuriyet kritisieren würden.
Türkische Medien hatten Anfang des Monats berichtet, dass die Generalstaatsanwaltschaft in Istanbul sich auf mehrere Gutachten der Behörde für Steuer- und Wirtschaftskriminalität (MASAK) sowie freien Wirtschaftsprüfern stützt und daher auch gegen den Vorsitzenden der Cumhuriyet Stiftung Akın Atalay Haftbefehl erlassen hat, der sich jedoch in Deutschland aufhält.
Erst nach dem Haftbefehl hatte Akın Atalay sich gemeldet und im sozialen Netzwerk Twitter angekündigt, wieder zurückzukehren, doch die Zeit sei noch nicht reif dazu und er könne als freier Mann mehr für seine inhaftierten Kollegen tun als in Untersuchungshaft. Laut weiteren Berichten soll die Cumhuriyet Stiftung, nach dem Akın Atalay auf unlauteren Wegen in den Vorstand berufen worden sein soll, eine große Menge finanzieller Transaktionen von der Kaynak-Holding erhalten haben.
Die Kaynak-Holding selbst wird mit dem Korruptionsskandal vom 17. Dezember 2013 in Verbindung gebracht. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge, sollen Abschriften der "Beweise" über die Korruptionsvorwürfe gegen Regierungsmitglieder bereits am selben Tag in der früh der Kaynak-Holding vorgelegen und von dort aus auch an die FETÖ weitergeleitet worden sein. Die Generalstaatsanwaltschaft bewertet diesen Vorgang als den Startschuss für die Publikation der Vorwürfe gegen die Regierungsmitglieder.
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