Jeder vierte deutsche Manager würde unethisch handeln

  05 April 2017    Gelesen: 378
Jeder vierte deutsche Manager würde unethisch handeln
Das Ansehen deutscher Manager hat durch die VW-Affäre erheblichen Schaden erlitten. Eine neue Studie zeigt: Auch heute wären viele Unternehmenslenker bereit, Behörden oder gar das eigene Management zu täuschen.
Ob in Fachbüchern, Seminaren oder gar in einem eigenen Kodex: Ethik ist in deutschen Unternehmen längst zum Modewort geworden. Spätestens wenn es ums eigene Fortkommen geht, sind die hehren Werte aber bei fast einem Viertel der deutschen Manager vergessen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young (EY), die an diesem Mittwoch vorgestellt wird und dem SPIEGEL vorab vorlag.

Demnach gaben 23 Prozent der befragten deutschen Manager an, dass sie für das eigene berufliche Fortkommen zu mindestens einer der folgenden Verhaltensweisen bereit wären: Externe täuschen, das eigene Management mit falschen Informationen versorgen und unethisches Verhalten bei Kunden, Lieferanten oder im eigenen Team ignorieren. Weltweit bejahten dies 21 Prozent, in Westeuropa nur 14 Prozent.

Der Ruf der deutschen Wirtschaft hat im Ausland zuletzt erhebliche Kratzer bekommen, nachdem die bewusste Täuschung von Behörden in der VW-Abgasaffäre bekannt wurde. Der EY-Umfrage zufolge würde auch heute noch jeder zehnte Manager Regulierungsbehörden und Prüfer täuschen, wenn es dem eigenen Fortkommen dient. Das ist doppelt so viel wie im westeuropäischen Schnitt.

Jeder Zehnte würde Behörden täuschen
Prozentzahl deutscher Manager, die zum eigenen Vorteil Externe wie Auditoren oder Regulierer täuschen würden

Ebenfalls jeder Zehnte würde aus egoistischen Motiven Falschinformationen an die eigene Unternehmensführung geben. Dieser Wert liegt doppelt so hoch wie der Gesamtdurchschnitt.

Jeder Zehnte würde eigenes Management täuschen
Prozentzahl deutscher Manager, die zum eigenen Vorteil Externe wie Auditoren oder Regulierer täuschen würden

Geht es um ihr Unternehmen, sind deutsche Manager zumindest im internationalen Vergleich vergleichsweise regeltreu. So würden nur vier Prozent absichtlich die Finanzzahlen falsch darstellen, um Ziele zu erfüllen. Weltweit bejahte dies jeder zehnte. Zu Bargeldzahlungen für Aufträge wären elf Prozent bereit - der Durchschnitt liegt hier bei 17 Prozent.

Jüngere sind korruptionsanfälliger

"Nach all den Compliance-Seminaren und oftmals verpflichtenden Schulungen für Mitarbeiter müsste man annehmen, dass gerade die Jüngeren ein besonders ausgeprägtes Unrechtsempfinden haben", schreiben die Autoren. Tatsächlich scheint jedoch das Gegenteil der Fall zu sein.

So hielten fast drei Viertel der 25- bis 34-Jährigen weltweit unethisches Verhalten für gerechtfertigt, um ein Unternehmen über einen Wirtschaftsabschwung zu retten. Im Durchschnitt aller Altersgruppen waren es nur knapp 60 Prozent. Jeder vierte Jungmanager fand Schmiergeldzahlungen zum selben Zweck in Ordnung, insgesamt dagegen nur jeder Sechste.

Geradezu sprunghaft gestiegen ist den Zahlen zufolge die Korruptionswahrnehmung: 43 Prozent der deutschen Manager sagten 2016, sie hielten Bestechung und korrupte Methoden im heimischen Geschäftsleben für weit verbreitet. Im Vorjahr waren es noch 26 Prozent.

Diese Steigerung könnte daran liegen, dass auch Manager Zeitung lesen oder Fernsehen schauen. "Die Dieselaffäre, der Libor-Skandal, Preisabsprachen unter Konzernen-Compliance-Verstöße haben zuletzt öffentlich immer wieder für Schlagzeilen gesorgt", sagt Stefan Heißner, Leiter der Abteilung für Betrugsuntersuchungen bei EY.

Im internationalen Vergleich steht Deutschland trotz der Steigerung vergleichsweise gut dar. In Ländern wie der Ukraine, der Slowakei oder Griechenland halten jeweils mehr als 80 Prozent der befragten Manager Korruption für verbreitet.

Schlechte Bedingungen für Whistleblower

Auch in Deutschland hat aber immerhin schon jeder zweite Manager unethisches Verhalten im eigenen Unternehmen erlebt. Auf die Frage, was ihn davon abhalten könnte, Betrug oder Bestechung zu melden, sagte jeder Fünfte, er fürchte in diesem Fall um die eigene Sicherheit.

Eine Lösung könnte in solchen Fällen eine Whistleblower-Hotline für anonyme Hinweisgeber bieten. In deutschen Unternehmen ist dieses Instrument allerdings bislang wenig verbreitet. Gerade einmal sieben Prozent der deutschen Manager wussten von einem entsprechenden System in ihrem Unternehmen - weltweit war der Anteil drei Mal so hoch.

Für die Umfrage wurden rund 4100 Entscheidungsträger befragt, davon 100 in Deutschland. Die Ergebnisse sind nach Angaben von EY repräsentativ für das mittlere und obere Management in Deutschland.

Quelle : spiegel.de

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