Mehr als zwei Jahre nach Ausbruch des Bürgerkriegs sei ihr Leben von "einer erdrückenden Belagerung, von Zerstörung und einer schwierigen humanitären Lage" geprägt, sagt die fünffache Mutter Um Said, während sie neben den anderen Frauen hergeht. Alle tragen Taschen mit Lebensmitteln auf dem Kopf. Für Menschen wie sie hoffen die Vereinten Nationen bei einer UN-Geberkonferenz in Genf auf Spenden.
Der Konflikt begann Ende 2014 mit der Besetzung der Hauptstadt Sanaa durch schiitische Huthi-Rebellen, denen immer wieder die Unterstützung des Irans nachgesagt wird. Im März 2015 starteten dann Saudi-Arabien und seine sunnitischen Bündnispartner Luftangriffe gegen die Aufständischen. "Der Krieg hat alles zerstört: Häuser, Krankenhäuser und Schulen", sagt Um Said. "Wir haben nichts mehr, um die derzeitige Situation zu überleben, außer unseren Glauben an Gott. Wir haben geliebte Menschen verloren. Wir haben unsere Einkünfte verloren. Wir haben unsere Freiheit verloren und unser Recht, in Frieden zu leben."
Zivilisten sind eingekesselt
Nach UN-Angaben sind fast 19 Millionen Jemeniten - mehr als zwei Drittel der Bevölkerung - auf humanitäre Hilfe angewiesen. Zudem hätten 7 Millionen Kinder keinen Zugang zu ärztlicher Versorgung. Als Folge dessen stirbt in dem Bürgerkriegsland alle zehn Minuten ein Kind unter fünf Jahren an vermeidbaren Krankheiten. Im Oktober 2016 brachen Cholera und akute wässrige Durchfälle aus, die sich seitdem weiter verbreiten. Mehr als 22.500 Menschen sollen betroffen sein, 106 seien bereits daran gestorben.
In dem Land im Süden der arabischen Halbinsel kämpfen Rebellen und die von Saudi-Arabien und einer Militärkoalition unterstützte Regierung um die Vorherrschaft. Die Zivilbevölkerung ist zwischen den Fronten eingekesselt und Überfällen und Bombardierungen ausgeliefert. Um Said gehört zu den Millionen Jemeniten, die im Kreuzfeuer des Krieges gefangen sind. Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Amnesty International wurden bis Februar 2017 mehr als 4600 Zivilisten im Land getötet, weitere drei Millionen mussten ihre Häuser verlassen.
Drohende Hungersnot
Ahmed Mahdi ist mit seiner neunköpfigen Familie aus dem Distrikt Harad im Nordwesten an der Grenze zu Saudi-Arabien in die Hauptstadt Sanaa geflohen. Aber dort traf es ihn noch schlimmer. Es gab keine Arbeit. Er musste betteln, um seine Familie durchzubringen. "Wir sind aus Angst geflohen, unter dem Beschuss zu sterben. Heute haben wir Angst, vor Hunger zu sterben", sagt Mahdi.
Die von den Huthi-Rebellen besetzten Provinzen Hodeida und Ibb gehören zu den am härtesten betroffenen Gebieten. UN-Berichten zufolge sind derzeit über sieben Millionen Menschen vom Hungertod bedroht.
In den Gegenden, die von der international anerkannten Regierung kontrolliert werden, ist die Situation etwas besser. Die Gebiete sind dünner besiedelt, kommen seltener unter Beschuss. Dazu gehören auch die größte Provinz Hadramut und andere Gegenden im Osten und Süden des Landes. Dennoch ist das Leben auch hier hart, genauso wie für die Menschen im von den Huthis besetzten Sanaa. Seit die Regierung die Zahlung der Beamtengehälter aussetzte, herrscht hier akuter Geldmangel.
Im September 2016 ordnete Präsident Abed Rabbo Mansur Hadi den Umzug der Zentralbank von Sanaa in die südliche Stadt Aden an, wo seine Regierung sitzt, um den Druck auf die Huthi-Rebellen zu erhöhen. Millionen von Menschen sind seitdem nicht bezahlt worden. Der 35-jährige Abdullah Abdul Dschalil aus Sanaa ist einer von ihnen. "Ich habe es nicht geschafft, irgendeine Arbeit zu finden, selbst für wenig Geld", sagt er. Er kann seine Miete nicht mehr zahlen und muss sich Geld leihen, um seine Frau und drei Kinder zu ernähren, sagt er. Nach Angaben des UN-Kinderhilfswerks Unicef leben rund 80 Prozent aller Familien im Jemen auf Pump, um ihre Kinder zu ernähren. Jede zweite Familie verfüge über weniger als 2 Dollar am Tag.
Der Beamte Abu Mohammed hat früher für das Innenministerium in Sanaa gearbeitet. Jetzt muss er zum Überleben seine Möbel verkaufen. "Wir wollen in einem Land ohne Krieg leben", sagt Abu Mohammed. "Wir wollen kein Luxusleben - nur eine Unterkunft, Frieden und Arbeit."
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