Profifußball in Deutschland droht Zerreißprobe

  23 November 2015    Gelesen: 604
Profifußball in Deutschland droht Zerreißprobe
Der Antrag ist brisant und sorgt schon jetzt für reichlich Zündstoff in der Bundesliga: Der Zweitligist FC St. Pauli fordert, dass sich der VfL Wolfsburg, Bayer Leverkusen, 1899 Hoffenheim und ab 2017 eventuell auch Hannover 96 zukünftig selbst vermarkten. An den Einnahmen aus der Fernseh- sowie der Gruppenvermarktung sollen sie nicht mehr partizipieren.
"Sollte dieser Antrag - tatsächlich - ernst gemeint sein, erklärt der Antragsteller die Aufkündigung der Solidargemeinschaft in der Bundesliga und 2. Bundesliga", heißt es in einem Schreiben der vier betroffenen Bundesligisten an die Deutsche Fußball Liga (DFL), das dem Fachmagazin "kicker" vorliegt. Am 2. Dezember werden die Mitglieder des Ligaverbandes in Frankfurt zusammenkommen und die Causa diskutieren.

Kind: "Substanzlos und unüberlegt"

"Der Antrag ist unüberlegt und substanzlos", sagte Hannovers Präsident Martin Kind der "Bild"-Zeitung. Ab dem kommenden Jahr könnte sein Verein genau wie Hoffenheim seit diesem Sommer von der 50+1-Regel ausgenommen werden, weil Kind sich dann 20 Jahre für den Klub engagiert hat. Dann wären die Niedersachsen - so der Wunsch der Kiez-Kicker von St. Pauli - von wichtigen Einnahmequellen aus der Vermarktung ausgeschlossen.

Für Kind allerdings ist das unvorstellbar. "Wir denken", sagte er, "dass dieser Antrag nicht mehrheitsfähig sein wird. Sollte ihm stattgegeben werden, ist die Zentralvermarktung am Ende, dann würde es eine Einzelvermarktung geben." Und dadurch würden beispielsweise Vereine wie Bayern München oder Borussia Dortmund profitieren, ein Klub wie der SV Sandhausen oder der FSV Frankfurt aber könnten deutlich weniger Geld einnehmen.

Kommt am Ende eine entschärfte Version?

Derzeit nämlich regelt die DFL die "satzungsgemäße Verteilung" der Einnahmen durch Übertragungsrechte zentral. Von den 2,5 Milliarden Euro des im kommenden Jahr auslaufenden Vierjahresvertrags erhielten die Bundesligisten in dieser Saison 680 Millionen Euro, 170 Millionen Euro gingen an die Zweitligisten.

Wird am 2. Dezember über eine entschärfte Version abgestimmt? Nach "kicker"-Informationen will St.Pauli-Manager Andreas Rettig, ehemaliger DFL-Geschäftsführer, vorschlagen, dass die betroffenen Vereine nicht gänzlich von den Einnahmen ausgeschlossen werden, sondern lediglich Abschläge in Kauf nehmen sollen.

Eintracht Frankfurt und Co. wohl nicht abgeneigt

Eine hitzige Debatte über den Antrag darf jedenfalls erwartet werden. Traditionsvereine wie Eintracht Frankfurt oder der Hamburger SV wären dem Vorschlag zumindest nicht vollkommen abgeneigt und haben in der Vergangenheit ebenso wie Dortmunds Boss Hans-Joachim Watzke bereits Argumente für eine Neuverteilung der TV-Honorare gebracht. Watzke beispielsweise sprach davon, dass Tradition oder das Fanaufkommen der Klubs bei Auswärtsspielen bei der Verteilung der Einnahmen berücksichtigt werden.

Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandschef von Rekordmeister Bayern München, hatte zuletzt für die zentrale TV-Vermarktung geworben. "Unter einer Bedingung: Die internationale Wettbewerbsfähigkeit des FC Bayern und der Bundesliga darf nicht gefährdet sein." Denn die Bundesliga, so Rummenigge weiter, lebe "von der Spitze".

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