Regierung begrenzt wohl Familiennachzug

  20 Mai 2017    Gelesen: 875
Regierung begrenzt wohl Familiennachzug
Im April diesen Jahres nimmt die Bundesregierung deutlich weniger Angehörige von in Deutschland lebenden Asylsuchenden auf. Behörden verweisen auf begrenzte Kapazitäten. Kritiker sprechen jedoch von Willkür und einer bewussten "Deckelung".
Die Bundesregierung bremst offensichtlich den Familiennachzug von Flüchtlingen aus Griechenland auf Grundlage des Dublin-Abkommens. Nach Angaben der Linksfraktion wurden im April nur noch höchstens 70 Angehörige von in Deutschland lebenden Asylsuchenden aufgenommen. Im März waren es nach Angaben der Diakonie Deutschland noch 370 Geflüchtete gewesen, im Februar sogar 540 Menschen.

Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte dazu in Berlin, es gebe für den Familiennachzug auf Grundlage der Dublin-Regeln der EU "keine starre Obergrenze". Allerdings seien immer "eine gewisse Vorarbeit und eine gewisse Vorprüfung" vor einer Aufnahme notwendig.

Die Linke hatte sich in dieser Sache zuvor mit einer Anfrage an die Bundesregierung gewandt. In der Antwort der Bundesregierung verwies das Innenressort auch auf "teilweise begrenzte Betreuungs- und Unterbringungskapazitäten" in Deutschland. Daher sei die griechische Regierung vor künftigen Charterflügen um eine "engere Abstimmung" und "mögliche Verfristungen", also einen Aufschub, gebeten worden. Konkrete Grenzwerte für die Aufnahme werden aber auch in der Antwort nicht genannt.

"Verlängerung ihrer verzweifelten Lage"

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl sprach von einer "willkürlichen und rechtswidrigen Kontingentierung". Familien würden "durch ein Nadelöhr getrieben" und damit auf illegale Fluchtwege abgedrängt, kritisierte Geschäftsführer Günter Burkhardt. Derzeit müssten Tausende Angehörige von in Deutschland lebenden Flüchtlingen und Asylsuchenden, darunter viele Frauen und Kinder sowie auch unbegleitete Minderjährige, in Griechenland unter schwierigen Umständen ausharren.

"Familien gehören zusammen", forderte auch Diakonie-Präsident Ulrich Lilie. "Wenn Ehepartner und ihre Kinder auf der Flucht aus Kriegs- und Krisengebieten auseinandergerissen werden, ist das häufig eine traumatische Erfahrung, und darum ist es für die Menschen lebenswichtig, die Familie wieder zu vereinen." Wenn die Bundesregierung jetzt plane, den Familiennachzug einzuschränken, bedeute das für die Betroffenen "eine unzumutbare Verlängerung ihrer verzweifelten Lage" und sei zudem europarechtlich nicht zulässig.

"Erneut tritt die Bundesregierung EU-Recht und Kinderwohl mit Füßen", sagte die Linken-Bundestagsabgeordnete Ulla Jelpke den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Sie forderte eine Rücknahme der Deckelung, die aus den Zahlen erkennbar sei.

Unterstützung für Hauptaufnahmeländer

Unabhängig von der Familienzusammenführung nach dem Dublin-Verfahren nimmt die Bundesregierung aufgrund von EU-Vereinbarungen auch monatlich etwa 500 Flüchtlinge aus Griechenland im Rahmen des Relocation-Programms auf, außerdem weitere Flüchtlinge aus Italien. Dabei spielt bei der Auswahl laut Innenministerium "häufig die Frage familiärer Beziehungen eine große Rolle". Es handelt sich aber um kein spezielles Programm zur Familienzusammenführung, sondern um eine Unterstützung für die Hauptaufnahmeländer Griechenland und Italien.

Die Diakonie forderte unterdessen auch einen generellen Abschiebestopp für Flüchtlinge von Deutschland nach Afghanistan. "Abschiebungen nach Afghanistan sind unverantwortlich. Die Sicherheitslage verschlechtert sich stetig weiter", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung der Diakonischen Werke.

Quelle: n-tv.de

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