Vaterschaftsanerkennung als Geschäft

  06 Juni 2017    Gelesen: 707
Vaterschaftsanerkennung als Geschäft
Deutsche Männer erkennen Vaterschaften an und verschaffen damit ausländischen Müttern ein Aufenthaltsrecht. Nach Recherchen des rbb hat es allein in Berlin bis zu 700 Fälle gegeben. Ein neues Gesetzespaket soll den Betrug künftig verhindern.
Polizei und Staatsanwälte vermuten einen groß angelegten bundesweiten Betrug. Nach Recherchen des rbb beantragen zunehmend Frauen aus Vietnam, Afrika und Osteuropa in schwangerem Zustand Asyl in Deutschland. Um ein Bleiberecht zu erhalten, bezahlen sie an deutsche Scheinväter, Rechtsanwälte und Notare bis 5000 Euro für die Vaterschaftsanerkennung. Die Kinder erhalten so automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft, die Mutter darf legal bleiben.

Unterhalt für die Kinder zahlen die Scheinväter nicht, da sie meist von Sozialhilfe leben. Die Schwangeren kommen meist mit einem Touristenvisum nach Deutschland. So erhalten sie zunächst Asyl, solange sie im Mutterschutz sind.

Unglaubwürdige Vaterschaften

Der rbb recherchierte unter anderem Fälle, bei denen die Gesinnung der deutschen Scheinväter ganz offensichtlich nicht zu der Vaterschaft passt - damit fiel die Unglaubwürdigkeit eines solchen Vertrages auf. So übernahm ein 28-jähriger Deutscher die Vaterschaft für ein vietnamesisches Kind. Er war bereits mehrfach wegen des Tragens von verfassungsfeindlichen Symbolen verurteilt worden und sympathisiert auf seiner Facebook-Seite mit der NPD.

Martin Steltner von der Staatsanwaltschaft Berlin verweist darauf, dass die Anzahl der Missbrauchsfälle in den letzten Monaten in Berlin angestiegen sei. "Wir haben teilweise Personen, die über 10 Vaterschaften anerkannt haben." Jeden Monat sei eine Vielzahl von Fällen festzustellen.

Bundesweit Fälle - hohe Dunkelziffer

Den Recherchen zufolge soll es allein in Berlin bis zu 700 vermutete Fälle geben. Das Geschäftsmodell selbst funktioniere aber bundesweit, so der Parlamentarische Staatssekretär des Bundesinnenministeriums, Ole Schröder. Die Dunkelziffer ist ihm zufolge erheblich, doch es gebe viele Hinweise von den Ausländerbehörden. "Die Scheinväter machen das ja auch, um damit Geld zu verdienen - das heißt, wir haben es hier auch mit erheblicher Kriminalität zu tun."

Die Behörden hatten bisher kaum Möglichkeiten dagegen vorzugehen, da das Bundesverfassungsgericht 2013 entschieden hatte, dass selbst im Verdachtsfall eine Vaterschaft nicht angefochten werden darf. Zu groß wäre das Risiko, dass die Kinder staatenlos würden. Der Vater muss nicht immer ein biologischer Vater sein.

Gesetz soll Missstand beheben

Doch jetzt könnte den kriminellen Geschäften ein Riegel vorgeschoben werden: Ausländerbehörden sollen künftig bei einem Missbrauchsverdacht aktiv werden können. Ein entsprechendes Gesetzespaket haben Bundesrat und Bundestag verabschiedet. Dieses sei "selbstverständlich auch mit dem Bundesverfassungsurteil im Einklang, weil wir präventiv dafür sorgen, dass solche Scheinvaterschaften gar nicht erst beurkundet werden", so Schröder.

Wichtig wird das auch deshalb, weil der rbb Indizien dafür recherchierte, dass einige der betroffenen Frauen anschließend in der Prostitution landen - denn durch die Anerkennung der Vaterschaft machen sie sich abhängig von den deutschen Scheinvätern und ihren Hintermännern.

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