Justizminister Sessions vor dem Senat

  14 Juni 2017    Gelesen: 897
Justizminister  Sessions vor dem Senat
Was lief da im Wahlkampf mit dem russischen Botschafter? Und was wusste Donald Trump davon? In seiner Anhörung vor dem Senat offenbart US-Justizminister Jeff Sessions erstaunliche Erinnerungslücken.
Jeff Sessions wirkt auf den ersten Blick wie die Harmlosigkeit in Person. Treuer Blick, freundliches Gesicht, immer ein Lächeln auf den Lippen. Aber dann scheint unvermittelt durch, dass es da auch diesen anderen Sessions gibt. Den giftigen. "Ich will hier nicht so durchgehetzt werden, das macht mich nervös", faucht der 70-Jährige, als Senatorin Kamala Harris ihn mit Fragen nach seinen Kontakten mit russischen Beamten löchert. Guck an.

Es ist eine angespannte Anhörung, die Sessions durchlaufen muss, was natürlich auch am Thema und seiner Rolle liegt. Der Justizminister sagt - unter Eid - in der Russlandaffäre aus, die nicht nur den US-Präsidenten belastet, sondern auch ihn selbst. Sessions hat zu Jahresbeginn mehrere Kontakte mit dem russischen Botschafter verschwiegen und musste sich in den Ermittlungen zur Affäre für befangen erklären. In der großen Frage, ob Donald Trumps Team sich im Wahlkampf in Moskau Hilfe holte, steht Sessions plötzlich im Verdacht, ein wichtiger Mann gewesen zu sein. Da gäbe es viel zu klären - nur Erhellendes trägt Sessions kaum bei.

Sessions weiß leider nicht mehr sehr viel

Immerhin: Sessions sagt in öffentlicher Sitzung aus. Er will damit zeigen, dass er nichts zu verbergen hat. Seine mögliche Scharnierfunktion zwischen Trump und den Russen nennt er eine "abscheuliche Lüge" und beteuert, Botschafter Sergej Kisljak während des Wahlkampfs zwar zweimal getroffen zu haben, aber ausschließlich in seiner Funktion als Senator und ohne dabei Halbseidenes im Sinn gehabt zu haben.

Die Vorwärtsverteidigung ist geschickt, er will Trump und sich selbst schützen. Gleichzeitig aber muss er vermeiden, Dinge zu sagen, die sich nachher als unwahr herausstellen. Das Dilemma führt dazu, dass Sessions an entscheidenden Stellen ganz erstaunliche Erinnerungslücken geltend macht.

Wer aus Trumps Wahlkampfteam traf sich mit wem von russischer Seite? "Kann ich mich nicht dran erinnern." Was besprach er mit dem Botschafter bei den zwei Treffen? "Ich weiß es einfach nicht mehr." Und was hat es mit diesem angeblichen dritten Treffen mit Kisljak am Rande eines Wahlkampfauftritts von Trump im Mayflower-Hotel in Washington auf sich? "Ich habe mein Gehirn wirklich angestrengt", sagt Sessions. Aber er könne einfach nicht mehr sagen, ob sie sich dort wirklich getroffen hätten. Rund 30 Mal beruft sich Sessions auf solche Erinnerungslücken. Das ist sein gutes Recht, aber die Wolke des Verdachts dürfte er so kaum loswerden.

Sessions schweigt im Zweifel lieber ganz

Überhaupt nichts sagt Sessions zu seinen Gesprächen mit Trump und den wichtigen Fragen, ob er mit dem Präsidenten die Russlandaffäre thematisierte, mit ihm die Ablösung des FBI-Chefs besprach und - wie mehrere Medien berichteten - seinen Rücktritt anbot. Wichtig zu wissen: Es ist nicht ungewöhnlich, dass Politiker in Kongress-Anhörungen Vieraugengespräche mit dem Präsidenten vertraulich halten. Jeder Oberbefehlshaber hat das Recht, Gesprächspartner zu Verschwiegenheit zu verpflichten. Nur - Trump hat von dieser Regel gar keinen Gebrauch gemacht.

Sessions beruft sich auf eine angeblich gelebte Praxis des Justizministeriums, dieses Exklusivrecht gewissermaßen in vorauseilendem Gehorsam zu befolgen. Wie fragwürdig Sessions Verhalten rechtlich ist, ist wohl Auslegungssache. Aber auch hier gilt: Einen Gefallen tut er sich kaum. Denn warum schweigt man zu entscheidenden Fragen, wenn man sich mit einem einfachen Nein entlasten könnte? Und sollte Sonderermittler Robert Mueller nicht nur die Russland-Affäre an sich, sondern auch Trumps möglichen Versuch einer Behinderung der Justiz unter die Lupe nehmen, wird Sessions über seine Gespräche mit dem Präsidenten wohl ohnehin noch aussagen müssen.

Sessions kann sich plötzlich doch recht konkret erinnern

Sessions Erinnerungslücken wirken umso überraschender, als dass er sich an zwei Situationen sehr konkret erinnern kann. Beide betreffen wichtige Schilderungen von James Comey. Der Ex-FBI-Chef hatte vergangene Woche unter anderem ausgesagt, Trump habe am 14. Februar im Oval Office mehrere Spitzenbeamte - darunter Sessions - aus dem Büro gebeten, um sich mit ihm unter vier Augen über die FBI-Ermittlungen unterhalten zu können. Sessions habe dabei den Anschein erweckt, als sei ihm die Sensibilität der Situation sehr bewusst gewesen: Er habe erst ganz am Schluss den Raum verlassen.

Vor dem Senat bestätigt Sessions Comeys Darstellung indirekt. Er könne sich noch daran erinnern, zu den Letzten gehört zu haben, die das Oval Office verlassen hätten, sagt er. Auch Comeys Aussage, er habe einen Tag nach diesem Treffen den Minister von seiner Irritation über Trumps Verhalten unterrichtet, bestätigt Sessions weitgehend. Für Comey ist es insofern ein guter Tag: In einer Woche, in der führende Republikaner seine Glaubwürdigkeit angreifen, um Trump zu schützen, ist ihm ausgerechnet der Justizminister eine gewisse Hilfe. Der Präsident, dessen Vertrauen in Sessions ohnehin gelitten haben soll, dürfte darüber kaum begeistert sein.

Quelle : spiegel.de

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