Polizei-Großaufgebot rückt in Hamburger Schanzenviertel vor

  08 Juli 2017    Gelesen: 547
Polizei-Großaufgebot rückt in Hamburger Schanzenviertel vor
Nach zweitägigen Straßenschlachten am Rande des G20-Gipfels hat die Polizei in der Nacht das Hamburger Schanzenviertel rund um die Autonomen-Hochburg Rote Flora gestürmt.
Mit Sturmgewehren bewaffnete Spezialeinheiten rückten in die Straße Schulterblatt vor, in der das seit Jahrzehnten besetzte Theater liegt. Ein Großaufgebot von Polizisten war mit Wasserwerfern, Tränengas und Schlagstöcken im Einsatz. Sie löschten brennende Barrikaden und gingen gegen Randalierer vor, die die Beamten zuvor mit Steinen und Farbbeuteln beworfen, Läden geplündert und Böller gezündet hatten. Über dem Viertel schwebte stundenlang ein Hubschrauber mit Suchscheinwerfer. 13 Personen wurden allein bei dem Großeinsatz von Spezialkräften festgenommen. Einige Barrikaden brannten auch am frühen Morgen noch. Verkohlte, teils noch rauchende Trümmer ließen viele Straßen wie ein Schlachtfeld wirken. Über dem Viertel hing Brandgeruch, der Boden war mit Scherben übersät. Erst in den frühen Morgenstunden beruhigte sich die Lage.

Die Polizei sprach von etwa 1500 Randalierern. Bei den Krawallen am Schulterblatt seien Scheiben eines Supermarkts, einer Drogerie, einer Bank, einer Bäckerei sowie diverser Bekleidungsgeschäfte eingeschlagen worden. Anschließend sei es zu Plünderungen gekommen, zudem seien Brandsätze und Gasflaschen in ausgeraubte Läden geworfen worden. Etwa 500 Personen hätten einen Supermarkt in der Altonaer Straße nördlich der Roten Flora geplündert und anschließend angezündet. Eine unbekannte Zahl von Randalierern habe sich auf die Dächer einiger Häuser am Schulterblatt geflüchtet. Sie seien mit Molotowcocktails und Eisenstangen bewaffnet gewesen. Spezialkräfte hätten ein Haus am Schulterblatt gestürmt und gesichert.

Auch die Beamten seien Ziel massiver Angriffe geworden. Einer von ihnen sei von einem Gegenstand getroffen worden und habe einen Unterschenkelbruch erlitten, hieß es weiter. Am Freitagabend konzentrierten sich die Krawalle und Zusammenstöße auf den Neuen Pferdemarkt und die Straße Schulterblatt. Im Schanzenviertel habe es Hinweise gegeben, dass Straftäter Angriffe mit Brandsätzen, Zwillen und Wurfgegenständen vorbereiteten, erklärte die Polizei.

Seit Donnerstag hatten sich Hunderte Autonome Kämpfe mit den Sicherheitskräften geliefert. Die Beamten setzte Wasserwerfer, Pfefferspray und Schlagstöcke gegen vermummte Demonstranten ein, die Böller und Rauchbomben zündeten und die Beamten mit Flaschen, Fahrrädern und anderen Gegenständen bewarfen. Bei den Straßenschlachten wurden nach Polizeiangaben knapp 200 Beamte verletzt. Wegen der Ausschreitungen hat die Polizei nach eigenen Angaben inzwischen ungefähr 100 Menschen festgenommen.

Abseits der Sperren und zwischen den Hotspots herrschte in der Schanze vor dem Vorrücken der Polizei Volksfeststimmung. Aus den Hauseingängen wurde laute Musik gespielt, die Leute saßen in der milden Nacht auf der Straße, tranken Bier und beobachteten die Lage. Dazwischen zogen Grüppchen Autonomer durch, die sich leise berieten und Plastikflaschen in den großen Taschen ihr Armeehosen verstauten. Immer wieder explodierten Böller.

HAMBURGER POLIZEI RUFT WEITERE HUNDERTSCHAFTEN ZUR HILFE


Die Hamburger Polizei hatte Verstärkung angefordert, um die Lage wieder in den Griff zu bekommen. Die ersten von neun bis zehn zusätzlichen Hundertschaften kamen am Freitag in der Hansestadt an. Die Beamten sollten helfen, die "völlig irre Gewalt" marodierender linksextremer Gruppen in der Stadt unter Kontrolle zu bringen, sagte Polizeipräsident Ralf Martin Meyer. Die Zahl der aus dem gesamten Bundesgebiet in der Hansestadt zusammengezogenen Polizisten steigt damit auf etwa 21.000 Beamte. Bundeskanzlerin Angela Merkel verurteilte die Gewalt und stellte sich ausdrücklich hinter die Polizei. Die Ehefrau des US-Präsidenten, Melania Trump, schrieb: "Meine Gedanken sind bei jenen, die bei den Protesten in Hamburg verletzt wurden. Ich hoffe, alle bleiben sicher!"

Innensenator Andy Grote erklärte: "Wir müssen mit allem rechnen, wir rechnen auch mit allem." Das Gewaltpotential sei erschreckend. Einige der verletzten Polizisten hätten Fleischwunden erlitten, als sie mit Stahlkugeln aus Schleudern beschossen worden seien. Der öffentliche Nahverkehr wurde von den Ausschreitungen in Mitleidenschaft gezogen, einige S- und U-Bahnlinien wurden zeitweise gesperrt. Mit dem Auto ging es nicht besser. "Aufgrund der derzeitigen Krawalle empfehlen wir, nicht mit dem Fahrzeug in die Innenstadt zu fahren", twitterte die Polizei.

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