Die Befunde des Autoexperten stehen in krassem Widerspruch mit den selbstgesteckten Zielen der Bundesregierung: Bis 2020 soll die deutsche Automobilindustrie demnach internationaler Leitanbieter werden und Deutschland internationaler Leitmarkt. Außerdem sollen auf deutschen Straßen bis dahin eine Million Elektrofahrzeuge fahren, dazu zählen aber auch Fahrzeuge mit anderen alternativen Antrieben wie einem Plug-in-Hybrid, die sowohl Verbrennungs- als auch Elektromotor haben.
Elektrische Exoten
Auf deutschen Straßen zählen Elektroautos bislang allerdings noch zu den seltenen Exoten. Bis September wurden im laufenden Jahr laut Bratzel lediglich 15.000 Elektrofahrzeuge abgesetzt, womit das Segment in Deutschland trotz einer Steigerung zum Vorjahr von mehr als 60 Prozent nur auf einen Marktanteil von 0,63 Prozent komme. In China sei der Absatz von E-Autos dagegen seit Jahresbeginn um 135 Prozent auf rund 100.000 Fahrzeuge gestiegen. Damit seinen im chinesischen Markt mehr E-Pkw verkauft worden als in den USA.
Weltweit wurden diesen Angaben zufolge rund 335.000 Elektrofahrzeuge verkauft. Der globale Marktanteil liegt aber immer noch nur bei rund 0,65 Prozent. Auch die meistverkauften Elektroauto-Modelle kommen nicht aus Deutschland: Dies sind laut Untersuchung der Nissan Leaf und das Tesla Model S.
Nissan führt vor BVD und Tesla
Der japanische Autobauer Nissan führt demnach auch die Liste der absatzstärksten Elektroauto-Hersteller an, gefolgt vom chinesischen Konzern BYD, dem US-Hersteller Tesla und dem japanischen Autobauer Mitsubishi. Erst dann folgen die deutschen Autohersteller Volkswagen und BMW.
Um die Elektromobilität weltweit, vor allem aber in Deutschland voranzubringen, fordert Branchenexperte Bratzel eine "Neufokussierung der Innovationsaktivitäten". Gelöst werden müssten vor allem drei Probleme: Reichweite, Infrastruktur und Preis. Die Reichweiten von Elektroautos sind bisher noch zu niedrig, es fehlt an einer Lade-Infrastruktur und E-Autos sind deutlich teurer als vergleichbare Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor.
Deutschland drohe außerdem bei der wichtigen Zellfertigung für Elektroauto-Batterien zurückzufallen, schrieb Bratzel den Herstellern und der Politik ins Stammbuch. Die größten Produzenten von Batteriezellen stammen inzwischen aus Fernost.
Erst vor kurzem hatte der VW-Markenvorstand Herbert Diess eine "konzertierte Aktion" der deutschen Autoindustrie gefordert. Für ein einzelnes Unternehmen seien Investitionen in eine eigene Zellfertigung schwer darstellbar, hatte Diess erklärt. Dies sei aber die "Kerntechnologie der Elektromobilität". Dabei geht es um die neue Generation der Batteriezellen. Der Automobilstandort Deutschland dürfe sich nicht abhängen lassen.
Betriebsräte der großen Autobauer pochen seit längerem auf ein verstärktes Engagement der Hersteller im Elektro-Segment. BMW und Daimler aber hatten sehr zurückhaltend auf den Vorstoß von Volkswagen reagiert. VW hatte als Reaktion auf den Skandal um manipulierte Abgastests für Dieselfahrzeuge angekündigt, die Elektromobilität vorantreiben zu wollen.
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