„Wir erleben momentan Zeiten mit Islamisten, welche diese Gewaltdimensionen der Religion wieder aktivieren. Und wenn ein Imam, wie der aus Ripoll kommt, diese Dimension wiederbelebt, junge Leute darauf hinweist und motiviert — das ist doch das Wort Gottes, was drin steht — dann passiert so etwas“, betont Ghadban.
Es gebe nicht DEN Islam und es gebe einen unglaublichen Pluralismus im Islam drin. Hier eine Verbindung zwischen dem Terrorismus und dem Islam als Weltreligion herzustellen, sei nicht korrekt, sagt die Religionswissenschaftlerin und Sprecherin der Neuköllner Begegnungsstätte e.V. (NBS), Juanita Villamor-Meyer. Der Islam habe damit "absolut nichts" zu tun: „Natürlich gibt es Menschen und Imame, die Hass predigen. Aber zu sagen, dass man dafür eine ganze Religion verhaften kann, ist nicht richtig. Der Islamismus ist eine Ideologie. Das ist etwas Wahnsinniges. Es ist eine politische Form, aber es ist nicht die Religion.“
Integration durch den Islam?
Dennoch sieht sich der Verein in der Verantwortung, hier etwas zu tun. Die Islamexpertin sieht einen großen Handlungsbedarf und möchte den jungen Leuten den richtigen Weg weisen: „Es geht darum, den Jugendlichen auch ein Gefühl von Zugehörigkeit zu geben. Sie sollen ein Gefühl dafür bekommen, dass auch verschiedene Lebenswelten, die religiösen aber auch die nicht religiösen, vereinbar sind. Was man auch häufig sieht, ist, wenn sie sich im Internet radikalisieren.“ Der Mangel an sozialen Kontakten und der Mangel an einem religiösen Umfeld sind für die sozial engagierte Sprecherin die Hauptursachen für Radikalisierung: „Das religiöse Umfeld kann sich sehr positiv darauf auswirken, dass die Menschen sich von jeglicher Form von radikalen Gedanken abspalten.“
Härteres Durchgreifen seitens der Bundesregierung
Auch die Bundesregierung sei hier total gescheitert und Parallelgesellschaften seien ein Fakt, kritisiert Dr. Ghadban: „Die Bundesregierung verhandelt mit den Islamisten in diesem Lande. Der Koordinationsrat der Muslime besteht aus islamistischen Organisationen und diese sind die Ansprechpartner des Staates. Die Bundesregierung muss damit anfangen, diesen Dialog, der zu nichts führt, erst einmal einzustellen“, rät der Islamkritiker und fordert ein „härteres Durchgreifen“. In Europa traue man sich nicht Taten, die im Namen einer Religion stattfinden, als kriminell zu betrachten, und die Muslime würden sich hinter ihrer Religionsfreiheit verstecken: „Wenn dann so etwas wie in Spanien passiert, schreien die islamischen Dachverbände ganz laut: Das hat mit dem Islam nichts zu tun“, moniert der Experte. Um dem Problem rund um den Islamismus Herr zu werden, schlägt der er vor, die Finanzierungen aus dem Golf und anderen „fragwürdigen islamistischen Staaten“ zu unterbinden, „hunderte, türkische Imame“ zurück zu schicken und die Verbände aus den Beiräten der theologischen Ausbildung rauswerfen.
„Man kann nicht Islamisten holen, um hier eine neue, islamische, westliche Theologie zu schaffen. Und das sind alles Sachen, die die Politik macht. Und man fragt sich: Was ist mit diesen Menschen los? Wo ist ihr Verstand geblieben?“ regt sich Ralph Ghadban auf.
Die Kritik an der Bundesregierung kann die Islamwissenschaftlerin nicht teilen. Es sei nicht in Ordnung, mit diesem Begriff „islamistisch“ einfach so rumzuwerfen, und bemängelt im Gegenzug, dass der Begriff noch nicht endgültig definiert, ausdiskutiert wurde und inflationär sei. So habe auch derzeit ihr Verein darunter zu leiden: „Je mehr wir uns engagieren, je mehr wir in die Öffentlichkeit gehen, umso mehr stehen wir auch im Rampenlicht und haben immer wieder Schwierigkeiten: „Gerade jetzt. Wir sind erneut im Verfassungsschutzbericht genannt worden und sind jetzt auch rechtlich dagegen vorgegangen“, beklagt die Sprecherin der NBS.
Die Berliner Dar Assalam Moschee, die von der NBS e.V. getragen wird, steht seit einigen Jahren unter Beobachtung der Verfassungsschutzbehörden. In den Medien wird der Verein als "legalistisch-islamistische Organisation" dargestellt, also eine Organisation, die Gewalt als politisches Mittel ablehnt.
Die Sprecherin wehrt sich gegen die Anschuldigungen und sagt: „Wir sind ein Verein, eine Gemeinde, die daran arbeitet, die Menschen von dem islamistischen Gedankengut wegzuziehen und ihnen zu zeigen, dass der Islam eben nicht Terror und nicht Gewalt ist. Wir wollen, dass ihr euch hier integriert, dass ihr die Demokratie lebt, dass ihr wählen geht. Das ist unsere Arbeit.“
Reformation des Islam
Für Ghadban ist die einzige Lösung eine Reform des Islam: „Die Muslime haben nichts gefunden, was ihnen auf diesem Weg hilft. Die Islamreformer haben Vorschläge gemacht, aber wie wir wissen, sind diese in ihren islamischen Ländern verfolgt worden, leben alle im Exil oder sind umgebracht worden.“ Doch eine Reformierung sei möglich, erklärt er und nennt „Die Trennung zwischen Religion und Politik“ sowie „die Anerkennung der Menschenrechte“ als zwei wichtige Bedingungen dieser Entwicklung. Denn es könne nicht sein, dass sich die Muslime zum einen auf die Überlegenheit ihrer Religion beziehen und zum anderen alle anderen verachten und unterwerfen wollen.
Eine Reformation des Islams, wie es eine im Christentum gegeben hat, lehnt Villamor-Meyer ab. Jedoch soll man die Texte im Koran immer wieder neu interpretieren. Jeder einzelne ist gefragt, den Text seiner Zeit und seinen Lebensumständen anzupassen und für sich neu zu interpretieren. Und dies sei über Jahrhunderte der islamischen Geschichte auch immer wieder passiert, betont die Expertin:
„Dieses Neudenken, dieses immer wieder Reformieren, ist dem Islam innewohnend. Doch das erleben wir heute kaum. Hier hat sich noch lange nicht die Form vom Islam neugeschaffen, die sich der Zeit auch anpasst.“ Das sei etwas, was noch im Prozess ist und noch entstehen muss, erklärt die Sprecherin der Gemeinde.
Quelle : sputnik.de
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