Die Frage, die sich hier zwangsläufig stellt: Warum springt die EU hier nicht ein? Im Vergleich zu den drei Milliarden Euro, die man dem türkischen Erdogan versprochen hat und von denen man nicht weiß, was die türkische Regierung damit machen wird, wären die europäischen Steuergelder deutlich besser angelegt, wenn man den Flüchtlingen in den Lagen der UNHCR sofort und großzügig helfen würde. Es ist eine Groteske, dass die Politiker in den reichen europäischen Staaten in der Flüchtlingskrise ihre Kräfte vor allem damit vergeuden, auf andere zu zeigen. Die europäischen Banken wurden in der Finanzkrise mit 200 Milliarden Euro gerettet – warum hilft man über die UN nicht den Flüchtlingen direkt?
Vor allem aber: Statt das Geld jetzt in massive militärische Aufmärsche zu stecken, um Russland noch im Kampf gegen den IS zu übertreffen, sollte man doch diesen Menschen zuerst helfen. Denn so präzise wie versprochen werden und können die Luftschläge nicht sein, dass sie nicht neue Wellen der Vertreibung auslösen – und damit neues Elend und Fluchtbewegungen.
Ebenso sollte die Finanzierung des IS über die Türkei gestoppt werden: Das ist eine Maßnahme, die ohne großen finanziellen Aufwand zu machen ist. Die Kampfmoral der Terroristen wäre innerhalb von Tagen gebrochen.
Darüber hinaus könnte die EU die Türkei verpflichten, 10 Prozent der Gewinne, die der staatliche türkische Öl-Terminal im Hafen Ceyhan in den vergangenen zwei Jahren gemacht hat, in die Verbesserung der humanitären Bedingungen in den Lagern zu investieren.
Stattdessen schlägt Merkel für Anfang Februar eine Geberkonferenz in London vor, um die Finanzierung der Flüchtlingslager 2016 zu sichern. Der neuseeländische Ministerpräsident sagte zu, dass sich sein Land an den Kosten beteiligen werde. Neuseeland will zudem 750 syrische Flüchtlinge aufnehmen.
Ungeachtet der verheerenden Lage in den Lagern hat die Weltgemeinschaft erhebliche Summen zur Hand, um gemeinsame Bomben-Missionen in Syrien zu fliegen. Angela Merkel ist sich offenbar bewusst, dass die Bevölkerung die Zuspitzung im Nahen Osten als das aufnimmt, was sie ist: als Krieg. Um die Gemüter zu beruhigen, lehnte es die Kanzlerin ausdrücklich ab, das Wort zu verwenden: «Es handelt sich um einen militärischen Einsatz», sagte Merkel am Dienstag nach einem Treffen mit dem neuseeländischen Premierminister John Key in Berlin auf die Frage, ob es sich um einen Kriegseinsatz der deutschen Soldaten handele. «Wir sind bereits seit September 2014 Teil der internationalen Allianz im Kampf gegen den IS».
Tags: