Aus Sicht des Gouverneurs ist der Fund eine Sensation. "Das ist völlig einzigartig", sagte Decaluwé. Man habe zwar in den vergangenen Jahrzehnten bereits elf U-Boot-Wracks in belgischem Seegebiet aufgespürt, doch sei keines ähnlich gut erhalten. Das U-Boot sei nur vorne beschädigt, eine Explosion habe es nicht gegeben, sagte Decaluwé.
Der Taucher und Meeresbiologe Thomas Termote fand das Boot im Juni in 25 bis 30 Metern Tiefe in der Nähe von Ostende - wo genau, halten die Behörden geheim. Den Schilderungen Termotes zufolge sind alle Luken an dem Schiff noch geschlossen. "Das zeigt, dass das Wrack noch nicht geöffnet wurde und dass sich die 23 Besatzungsmitglieder noch im Wrack befinden", sagte der Direktor des Flämischen Meeres-Instituts (VLIZ), Jan Mees.
Minen mit bis zu 1000 Kilogramm Sprengstoff
Der Badeort an der Nordseeküste wurde Anfang des 20. Jahrhunderts zum beliebten Urlaubsziel für das Bürgertum, war aber zwischen 1914 und 1918 auch ein umkämpfter Kriegsschauplatz. Die Flotte des deutschen Kaisers führte von Flandern aus ihren berüchtigten U-Boot-Krieg unter anderem gegen britische Handelsschiffe.
Die deutsche Marine hatte nach Angaben von Gouverneur Decaluwé drei große U-Boot-Stützpunkte mit 10.000 Mann in Belgien und versenkte vor den Küsten mehr als 2500 Schiffe. "Das war eine gefährliche Waffe." Die Kriegsgegner der Deutschen legten deswegen Minen vor der belgischen Küste. Eine dieser Bomben mit bis zu 1000 Kilogramm Sprengstoff wurde dem jetzt gefundenen U-Boot mutmaßlich zum Verhängnis.
Das Rätsel der getöteten Soldaten
Um welches Boot es sich genau handelt, müssen Taucher untersuchen. Aufgrund der Maße - das Wrack ist 27 Meter lang und sechs Meter breit - geht Decaluwé davon aus, dass es sich um ein Exemplar der U-Boot-Klassse UB II handelt, die ab 1915 gebaut wurde. Davon waren nach seinen Informationen zwischen 1915 und 1918 insgesamt 18 Boote in der Flandern-Flotte im Einsatz. 13 wurden im Einsatz zerstört oder sanken.
Das Rätsel um das Schiff und die getöteten Soldaten soll nun geklärt werden. Sobald feststeht, welches Schiff genau dort seit rund 100 Jahren am Meeresgrund überdauerte, könnten wohl auch die Namen der Besatzungsmitglieder festgestellt werden, sagte der Militärattaché der deutschen Botschaft, Stefan Janke. Noch vor dem Winter würden Taucher das Wrack erneut untersuchen.
Das U-Boot werde aber aller Voraussicht nach nicht geborgen, auch aus Kostengründen, sagte Janke. Üblicherweise werde der Fundort in Seekarten verzeichnet und dort "eine Art Friedhof" eingerichtet. Die Stelle werde gesichert und ein Tauchverbot durchgesetzt.
Quelle:spiegel
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