Prozess: Türke vergleicht Erdogan mit “Gollum“

  03 Dezember 2015    Gelesen: 553
Prozess: Türke vergleicht Erdogan mit “Gollum“
Ein Arzt hat auf Twitter den türkischen Staatschef mit der Fantasy-Figur verglichen. Ein Gericht zieht nun "Herr der Ringe"-Experten zur Klärung hinzu.
Es ist ein bizarrer Rechtsstreit, in den der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan verwickelt ist: Ein Arzt muss sich vor Gericht verantworten, weil er den Staatspräsidenten mit der "Herr der Ringe"-Figur Gollum verglichen hat. Der Arzt Bilgin Ciftci hatte auf seinem Twitter-Konto nebeneinander Bilder von Gollum und Erdogan veröffentlicht, auf denen der Präsident essend, staunend und überrascht zu sehen ist. Ciftci verlor deshalb bereits seinen Job im Krankenhaus und wurde im Oktober kurzzeitig festgenommen.

Der Richter selbst wollte nicht entscheiden, ob der Arzt damit den türkischen Präsidenten beleidigt hatte - angeblich weil er die Filme nicht gesehen hat. Das Gericht will daher Experten der Fantasy-Trilogie heranziehen, berichtete die Zeitung "Today`s Zaman" am Mittwoch. Die Entscheidung soll im Februar fallen. Die Kenner der Bücher von J.R.R. Tolkien und der Verfilmungen sollen klären, ob es sich bei dem Vergleich von Erdogan mit der dürren, fahlen und glupschäugigen Figur um eine Beleidigung handelt. Das Gericht der Provinz Aydin beauftragte zwei Wissenschaftler, zwei Psychologen und einen Filmexperten mit der Prüfung möglicher Ähnlichkeiten.

Anklagen wegen Beleidigung häufen sich

Seit Monaten häufen sich die Anklagen wegen Beleidigung des Staatspräsidenten. CNN Türk berichtete, am Dienstag habe der Prozess gegen drei verantwortliche Redakteure der regierungskritischen Zeitung "Birgün" ("Ein Tag") wegen Beleidigung Erdogans begonnen. Die Staatsanwaltschaft fordere bis zu vier Jahren Haft. Es gehe um die Ausgabe vom 17. Februar. "Birgün" titelte damals: "Mörder und Dieb Erdogan" - ein Slogan, der oft bei Demonstrationen gerufen wird

Zudem urteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) am Dienstag in Straßburg, die türkische Regierung habe mit einer mehr als zweijährigen YouTube-Blockade gegen die Menschenrechtskonvention zur Informationsfreiheit verstoßen. "Eine Blockade der YouTube-Zugänge ohne rechtliche Grundlage hat das Recht zum Empfang und zur Verbreitung von Informationen verletzt", stellten die Richter fest und gaben damit den Klagen dreier türkischer Rechtswissenschaftler gegen Ankara statt.

Ein Gericht in der türkischen Hauptstadt hatte von Mai 2008 bis Oktober 2010 den Zugang zu dem Online-Videoportal blockiert. Anlass waren etwa ein Dutzend Videos, die als Beleidigung des Gründervaters der modernen Türkei, Mustafa Kemal Atatürk, gewertet worden waren

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