Droht VW der Elektro-Schock?

  17 Oktober 2017    Gelesen: 862
Droht VW der Elektro-Schock?
Volkswagen versucht, sich langfristig mit Kobalt für seine Elektroautos einzudecken - und findet keinen Anbieter. Die Episode illustriert das größte Problem bei der Massenproduktion von E-Mobilen: Die Rohstoffe für Batterien sind viel zu knapp.
Ford, Daimler, Volkswagen - die größten Autobauer der Welt überbieten sich gerade mit Angriffsplänen, um Marktführer bei Elektroautos zu werden. Bis 2025 will der VW-Konzern 30 E-Modelle an den Start bringen und nimmt nun verstärkt Tesla ins Visier. GM will in den nächsten sechs Jahren 20 reine E-Autos produzieren. Auch Daimler will seine gesamte Flotte bis 2022 elektrifizieren. Doch die geplante Elektro-Revolution der Hersteller stößt zunehmend an physikalische Grenzen.

VW hat das nun schmerzhaft zu spüren bekommen. Laut "Financial Times" (FT) hat der Wolfsburger Konzern versucht, seine Versorgung mit Kobalt, neben Lithium das wichtigste Metall zur Herstellung von Batterien, langfristig zu sichern - und ist dabei krachend gescheitert. Im September soll VW demnach einen Versorgungsvertrag mit einer Mindestlaufzeit von fünf Jahren zum Fixpreis ausgeschrieben haben. Es fanden sich aber kaum Bieter. Die Ausschreibung sei deshalb bis Ende Oktober verlängert worden.

Ein Grund dafür war offenbar, dass der Autogigant bei der Ausschreibung so vorging, wie er es bisher aus Verhandlungen mit Zulieferern gewöhnt ist: Er versuchte die Kosten mit Langzeitverträgen zu drücken. Laut "FT" strebte VW Lieferungen deutlich unter dem derzeitigen Marktpreis an. "Sie sind arrogant, weil sie das als Autobauer so gewöhnt sind", zitiert das Blatt einen Händler. "Es hat keinen Sinn, darüber zu verhandeln - es ist nicht mal ein Diskussionspunkt."

Kobalt-Preis explodiert dank Elektro-Boom

Eine andere Ursache für den Flop ist, dass der Markt die enormen Kobalt-Mengen, die VW und andere Autobauer zur Massenproduktion von Batterien brauchen, kaum noch hergibt. Schon heute verschlingen Smartphones und Tablets Unmengen des seltenen Metalls. Die Herstellung von Batterien für Elektro-Autos bringt die Anbieter an die Kapazitätsgrenze. Allein VW habe mit seiner Ausschreibung 80.000 bis 130.000 Tonnen Kobalt nachgefragt, sagte ein Händler der "FT" - fast eine gesamte Weltjahresproduktion. Die lag laut US-Geologiebehörde (USGS) 2016 bei 123.000 Tonnen.

Die Verknappung lässt die Preise explodieren: Allein in diesem Jahr hat sich der Kobalt-Preis laut der Londoner Metallbörse LME von etwa 30.000 auf rund 60.000 Dollar je Tonne verdoppelt. Der Boom der E-Autos, die Angst vor Versorgungsengpässen und die instabile politische Situation im Kongo treiben die Preise. Mehr als die Hälfte der weltweiten Kobalt-Förderung stammt aus dem Bürgerkriegsland in Zentralafrika. Millionen bettelarmer Minenarbeiter buddeln das Metall dort unter menschenunwürdigen Bedingungen mit bloßen Händen aus der Erde. Auch zehntausende Kinder schuften laut Unicef in den Steinzeit-Minen.

VW und Co. auf dem "Irrweg"?

Auch der Lithium-Markt ist wegen des Elektro-Hypes angespannt. Das Leichtmetall wird anders als Kobalt zwar nicht an der Börse gehandelt. Trotzdem ging der Preis in den letzten Jahren durch die Ecke. Investoren reißen sich um die Aktien von Batterie-Herstellern wie Varta. Und VW-Strategiechef Thomas Sedran schließt nicht aus, dass sich der Autobauer sogar an Minengesellschaften beteiligen wird.

Der batteriebasierte Weg in die Elektro-Mobilität sei ein "Irrweg", sagte Auto-Experte Helmut Becker n-tv.de: "Alle Hersteller stürzen sich auf diese Batteriefahrzeuge. Und am Ende des Tages kommt heraus, dass es gar nicht genug Batterien oder besser gesagt Rohstoffe zur Herstellung von Batteriezellen gibt."

Auch die Schweizer Bank UBS sieht hohe Hürden für die Elektro-Revolution: Für eine Welt, in der ausschließlich Elektro-Autos fahren, würden laut den Berechnungen ihrer Analysten das 19-Fache der derzeitigen Kobalt-Fördermenge und das 29-Fache der heutigen Weltjahresproduktion von Lithium benötigt.

"Flaschenhals" für den Elektro-Boom seien dabei weniger die Reserven, sondern die derzeitigen Förderkapazitäten für die wichtigsten Metalle. Und die beschränkten Produktionskapazitäten der Batteriehersteller: Bis 2025 würden selbst im günstigsten Szenario 14 Gigafabriken mit Gesamtkosten von 64 Milliarden Dollar benötigt, um mit der erwarteten Nachfrage Schritt zu halten. Die erste soll laut Tesla nicht vor 2020 ihre volle Kapazität erreichen.

Quelle: n-tv.de

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