Das Papier mit dem Titel "Keine Ausflüchte! Neue Zukunftsfragen beantworten! Klare Grundsätze!" kommt zu einem heiklen Zeitpunkt. Einen Monat nach seiner schweren Niederlage bei der Bundestagswahl steht Parteichef Schulz innerparteilich in der Kritik.
Weite Teile der Basis stehen offenbar zu ihm. An der Parteispitze und in der SPD-Bundestagsfraktion gab es zuletzt breite Irritation über seine jüngsten Personalentscheidungen und sein Management. Zudem will er von diesem Samstag an auf acht Regionalkonferenzen über das Wahlergebnis und die Konsequenzen diskutieren – wobei er stets betont, dass er dies ergebnisoffen tun und vor allem zuhören wolle. Scholz hingegen präsentiert in seinem Papier, das er heute veröffentlichen will, erste Antworten. Ein Teil der Schulz-Kritiker sieht ihn bereits als Alternative zum SPD-Chef.
Schulz will zuhören, Scholz liefert Antworten
Scholz fordert, bei der Analyse des Wahlergebnisses auf die SPD-intern immer wieder bemühten "Ausflüchte" zu verzichten. Weder die "fehlende Mobilisierung" der eigenen Anhänger, noch ein mangelnder Fokus auf soziale Gerechtigkeit tauge zur Erklärung – schließlich habe der Wahlkampf "ganz im Zeichen der sozialen Gerechtigkeit" gestanden. Die Probleme der SPD seien "grundsätzlicher".
Auch in Zeiten von Digitalisierung und Globalisierung werde wirtschaftliches Wachstum „eine zentrale Voraussetzung sein, um eine fortschrittliche Agenda zu verfolgen“, schreibt Scholz. Der SPD müsse es gelingen, "Fortschritt und Gerechtigkeit in pragmatischer Politik" zu verbinden. Schulz hingegen hatte zuletzt in einem Gespräch mit der "Zeit" einen deutlich anderen Akzent gesetzt und gefordert, die Sozialdemokratie müsse wieder die Systemfrage stellen, statt nur noch "um die Verteilung der Effekte im System" zu kreisen.
"Die SPD wird seit Längerem als zu taktisch wahrgenommen", stellt Scholz fest. Unter Bezug auf die zu Beginn des Jahres rasant gestiegenen und danach wieder abgesackten Umfragewerte der SPD heißt es: "Es war eine hoffnungsvolle Projektion der Wählerinnen und Wähler, die erneut möglich ist, wenn sie es plausibel finden, dass die SPD diese Erwartungen erfüllt." Dies lässt sich als indirekte Kritik am Spitzenkandidaten Schulz verstehen.
Quelle: n-tv.de
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