Toray Industries gesteht Manipulationen ein

  29 November 2017    Gelesen: 6814
Toray Industries gesteht Manipulationen ein
Die japanische Industrie wird von einem weiteren Fall jahrelanger Verfehlungen erschüttert: Beim Weltmarktführer Toray Industries sollen Qualitätsprüfer systematisch Produkte mit manipulierten Angaben ausgeliefert haben.
Der japanische Mischkonzern Toray Industries hat jahrelange Fälschungen von Produktdaten bei einer Tochterfirma eingeräumt. Über einen Zeitraum von acht Jahren seien 149 Fälle aufgetaucht, teilte der weltgrößte Hersteller von Karbonfaserstoffen mit.

Tricksereien habe es unter anderem bei Material für Reifen gegeben, gestand Toray-Präsident Akihiro Nikkaku bei einer eigens anberaumten Pressekonferenz mit. Das fragliche Material sei an 13 verschiedene Kunden verkauft worden, fügte er hinzu. Zusammen mit zwei Vorstandkollegen verneigte er sich tief, um die Öffentlichkeit für die Verfehlungen unter seiner Verantwortung um Verzeihung zu bitten.

Leichtbau-Material aus Japan

Der US-Flugzeugbauer Boeing, an den die Japaner Karbonfasern für Passagierjets liefern, sei von den Vorfällen aber nicht betroffen, betonte er. Namen von Firmen, die Produkten mit gefälschten Angaben bezogen hatten, nannte das Zuliefer-Unternehmen nicht. Zur Zeit würden die Kunden unterrichtet, teilte ein Toray-Sprecher mit. Sicherheitsprobleme seien nicht bekannt.

Boeing ist einer der größten Kunden von Toray Industries. Die Aufträge aus den USA belaufen sich auf Milliardensummen. Die Spezialfasern aus Japan kommen in einer ganzen Reihe von Anwendungsgebieten zum Einsatz. Die Bekleidungskette Uniqlo zum Beispiel setzt Toray-Produkte im Gewebe der sogenannten "Heattech"-Textilien ein.

Die meisten Warenlieferungen aus dem betroffenen Bereich gingen demnach an Firmen in Japan, heißt bei Toray Industries. Mindestens ein betroffener Toray-Kunde sitzt jedoch den Angaben zufolge in Südkorea. Auch hier blieb zunächst offen, um welchen Abnehmer es sich handelt. An der Börse reagierten Anleger verunsichert. Der Aktienkurs von Toray Industries sackte zeitweise um rund acht Prozent ab.

Skandal-Serie in der Industrie

Japan wird derzeit von mehreren Skandalen um gefälschte Angaben bei Inspektionen erschüttert. Zuletzt hatte eine Sparte von Mitsubishi Materials eingeräumt, Angaben zu ihren Produkten gefälscht zu haben. Zuvor hatten Subaru und Nissan Motor zugeben, sich bei Inspektionen nicht an die vorgeschriebenen Abläufe gehalten zu haben.

Die Welle losgetreten hatte der japanische Stahlkonzern Kobe Steel, der über Jahre hinweg falsche Angaben zu Aluminium-, Kupfer- und Stahlprodukten gemacht hat. Mit rund 500 belieferten Firmen in der Auto-, Luftfahrt- und Rüstungsindustrie hatte dieser Fall weltweit für Aufregung gesorgt. Massive Probleme mit der Qualitätssicherung und -überwachung lassen sich auch im Airbag-Skandal bei Takata, im Bilanz-Skandal bei Toshiba oder bei der Akw-Havarie bei Tepco in Fukushima erkennen.

Beobachter sprechen von einem grundsätzlichen Problem, das tief in der japanischen Unternehmenskultur verankert sei. In einer Atmosphäre des Respekts vor Autoritäten und der ausgeprägten Achtung des Schamgefühls, heißt es, sei es Mitarbeitern häufig nicht möglich, Bedenken zu äußern oder ihrem Chef zu widersprechen.

Druck von allen Seiten

Es gibt aber womöglich noch andere Faktoren, die zu der Serie an Verfehlungen beigetragen haben könnten. "Der wachsende weltweite Wettbewerb hat japanische Hersteller dazu gezwungen, die Kosten zu senken, um effizienter zu sein", erklärte etwa der Anwalt Motokazu Endo, der sich mit den Verfehlungen bei Kobe Steel befasst. "Gleichzeitig müssen sie eine oft schwer zu erreichende Produktionsquote schaffen."

Die Folge sei, dass Produzenten ihre Zulieferer kürzer hielten und auch weniger Zeit in die Überprüfung der angelieferten Produkte investierten, bestätigte ein Unternehmensberater. Der nach den USA und China drittgrößten Volkswirtschaft der Welt setzen seit Jahren die zunehmende Marktmacht der asiatischen Nachbarn zu. Dazu kommt die angesichts der schrumpfenden Bevölkerungszahlen schwächelnde Nachfrage auf dem Heimatmarkt. Dieser Druck habe die Wettbewerbsfähigkeit von Japans Firmen wohl immer weiter beschnitten, erklärte Hideaki Miyajima, Experte für Unternehmensführung an der Waseda University.

Quelle: n-tv.de

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