Die steigende Inflation macht Draghi unberechenbar

  14 Dezember 2017    Gelesen: 934
Die steigende Inflation macht Draghi unberechenbar
Eigentlich ist in Sachen Geldpolitik für 2017 alles Nötige gesagt. Trotzdem könnte die letzte Zinssitzung der EZB in diesem Jahr für Turbulenzen sorgen. Jedes Wort von Mario Draghi wird auf die Goldwaage gelegt.
Die riesige Eingangshalle der Europäischen Zentralbank (EZB) ist kein Ort, der zum Verweilen einlädt. Zu groß, zu unpersönlich ist das Tor zur Währungswelt der Euro-Zone am Frankfurter Osthafen geraten, eine Mischung aus ultramoderner Bahnhofshalle und durchgetaktetem Flughafenterminal. Es sei denn, der hauseigene EZB-Chor findet sich genau dort ein, um inbrünstig intonierte Weihnachtslieder zum Besten zu geben.

Doch trotz des heimeligen Auftakts zur letzten Ratssitzung in diesem Jahr am Donnerstag sollten sich die Finanzmarktakteure nicht zu sehr in Sicherheit wiegen. Gerade zum Jahresende ist die EZB immer mal wieder für eine Überraschung gut. Und in diesem Jahr könnte die mögliche Volte zum Jahresausklang sogar von eher unerwarteter Seite kommen.

Ausgerechnet in die Inflationserwartungen ist wieder mehr Leben zurückgekehrt. Zuletzt zogen die Erwartungen auf Sicht der nächsten zehn Jahre von 1,6 auf 1,7 Prozent an. Sollte sich der Trend verfestigen und das Szenario einer kräftiger steigenden Teuerung Eingang in die hauseigenen Prognosen der Währungshüter finden, könnte das die Märkte womöglich kurz vor Jahresschluss noch einmal durchrütteln.

„Nach den Entscheidungen der vorherigen Sitzung Ende Oktober könnte die EZB es sich eigentlich leisten, an diesem Donnerstag langweilig zu sein. Aber das ist der Rat einer Notenbank eben niemals so wirklich“, meint etwa Europa-Experte Gilles Moec von Bank of America Merrill Lynch. Besonderes Augenmerk legen die Ökonomen auf die aktuellen Projektionen der EZB-Volkswirte, die Draghi auf der Pressekonferenz nach der Zinssitzung vorstellen wird.

Streit um die Inflation
Bei den Daten zum Wirtschaftswachstum ist die Sache noch relativ eindeutig: dank des kräftigen Aufschwungs in diesem Jahr – ein Dekadenerfolg, mit dem die Euro-Zone selbst die USA noch übertrumpft hat – dürfte die EZB sich wohl in den anschwellenden Chorgesang der Optimisten einreihen und ihre Projektionen erneut anheben.

Deutlich kniffliger ist der Inflationsausblick. Zwar sind die Verbraucherpreise zuletzt gestiegen: in der größten Euro-Ökonomie Deutschland verzeichneten die Statistiker im November eine Inflationsrate von 1,8 Prozent. Der Preistrend nach oben könnte sich auch in den Projektionen der Währungshüter niederschlagen, so dass die EZB bis 2020 erstmals seit vielen Jahren wieder eine Teuerungsrate in der Nähe ihres Preisziels von „unter aber nahe bei zwei Prozent“ ausweisen könnte.

welt.de

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