Steinmeier warnt vor Furcht, wirbt um Vertrauen

  24 Dezember 2017    Gelesen: 503
Steinmeier warnt vor Furcht, wirbt um Vertrauen
Bei seiner ersten Weihnachtsansprache betont Bundespräsident Steinmeier die Handlungsfähigkeit des Staates. "Wir können Vertrauen haben", sagt er. Steinmeier warnt zudem vor zu viel Furcht - und der Aufgabe ganzer Gegenden in Deutschland.
In seiner Weihnachtsansprache hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier angesichts der schleppenden Regierungsbildung um Vertrauen in den Staat geworben. "Ich versichere Ihnen: Der Staat handelt nach den Regeln, die unsere Verfassung für eine Situation wie diese ausdrücklich vorsieht, auch wenn solche Regeln in den letzten Jahrzehnten nie gebraucht wurden", sagte Steinmeier in seiner ersten Weihnachtsansprache als Staatsoberhaupt. "Deshalb: Wir können Vertrauen haben."

Nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen von Union, FDP und Grünen hatte sich Steinmeier gegen Neuwahlen ausgesprochen und die Parteien zur Gesprächsbereitschaft aufgefordert. Die SPD erklärte sich daraufhin trotz großer Bedenken zu Verhandlungen mit der Union über eine Regierungsbildung bereit. Die Sondierungen mit den Unionsparteien beginnen im Januar.

Es müsse "nicht alles Unerwartete uns das Fürchten lehren", sagte Steinmeier. "Das gilt auch für Regierungsbildungen, die in ungewohnter Weise auf sich warten lassen." Deutschland ist inzwischen so lange nach einer Bundestagswahl ohne neue Regierung wie noch nie zuvor.

"Nicht hinnehmen, dass Leere sich breitmacht"

Der im Februar zum Bundespräsidenten gewählte Steinmeier blickte in der Weihnachtsansprache auf seine ersten Monate im Amt zurück. Er sei viel in Deutschland unterwegs gewesen und habe dabei auch Orte kennengelernt, in denen es keine Tankstelle oder Lebensmittelgeschäfte mehr gebe, die Gaststätte geschlossen sei und "die Wege zum Arzt immer weiter werden und die letzte Busverbindung eingestellt ist", sagte Steinmeier.

"Solche Orte gibt es zu viele, im Osten wie im Westen unseres Landes." Für die dort Gebliebenen, sei das Leben schwer geworden. "Und ich kann verstehen, dass die Menschen dort unzufrieden sind, sich sogar abgehängt fühlen." Steinmeier ermunterte die Betroffenen jedoch, ihre Orte nicht aufzugeben.

Er habe Menschen kennengelernt, "die nicht hinnehmen, dass Leere sich breitmacht", berichtete der Bundespräsident. "Solche Menschen, die ich in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern ebenso getroffen habe wie in Bayern und Niedersachsen, solche Menschen machen Mut - und sie verdienen Ermutigung. Mehr noch: Sie verdienen Unterstützung durch die Politik."

Steinmeier forderte die Bürger zum Engagement für die Gesellschaft auf. "Wir können im Großen wie im Kleinen Ohnmacht und Entfremdung überwinden, wenn wir gemeinsam etwas tun, wenn wir nicht nur nach Verantwortung anderer schauen, sondern auch die eigene erkennen", sagte er. "Verantwortung übernehmen, auch für andere, wie Millionen Freiwillige es in Deutschland tun, gibt uns auch das Gefühl zuhause zu sein in diesem Land."

Der Bundespräsident richtete seinen Weihnachtsgruß ausdrücklich auch an die Menschen in Deutschland, die nicht in der christlichen Tradition aufgewachsen seien, die einer anderen oder gar keiner Religion angehörten. "An alle, die heute in unserem Land den besonderen Moment dieses Festes erleben. Lassen Sie uns aufeinander Acht geben", sagte Steinmeier.

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