Tausende Urlauber sind eingeschneit

  23 Januar 2018    Gelesen: 641
Tausende Urlauber sind eingeschneit

In den Alpen türmt sich der Schnee, die Lawinengefahr ist so hoch wie lange nicht mehr. Dutzende Orte sind von der Außenwelt abgeschnitten. Dort sitzen Tausende Touristen fest. Für Wintersportler gilt: Auf ungesicherten Pisten gilt Lebensgefahr.

 

In den Alpen gibt es derzeit so viel Schnee wie seit vielen Jahren nicht mehr. Doch während manche Alpenorte in Österreich und der Schweiz unter den Schneemassen versinken, steigt mit den Temperaturen in Deutschland die Gefahr von Lawinen. Dank einer Tiefdruckzone gelangen in den kommenden Tagen subtropische Luftmassen weit nach Mitteleuropa. Im Gepäck haben sie viel Regen und steigende Temperaturen, die in Südwestdeutschland bis zu 15 Grad Celsius erreichen können. Für die Alpen, den Schwarzwald und die Flussanrainer im Südwesten und Westen Deutschlands bedeutet dies allerdings nichts Gutes.

"Zwar sind Schnee und Regen jetzt weitestgehend durch, allerdings kann sich die mitunter enorme Schneeauflage nur langsam setzen beziehungsweise verfestigen", so n-tv Wetterexperte Björn Alexander. "Bis dahin können jederzeit große Lawinen durch Selbstauslösung abgehen." Die nahende milde Luft steigert das Risiko noch weiter.

Das Schnee- und Lawinenforschungsinstitut (SLF) im Schweizer Davos stufte die Gefahr für Lawinenabgänge am Dienstagmorgen weiterhin als groß ein, senkte die Gefahrenskala aber auf Stufe vier ab. Angesichts der jetzt eintretenden Wetterbesserung mit Sonne und einem Traumpanorama wiegen sich viele Wintersportler in trügerischer Sicherheit, warnt Alexander. "Das Fahren abseits der gesicherten Pisten bleibt weiterhin lebensgefährlich. Man kann nur eindringlich darauf hinweisen, sich diszipliniert zu verhalten, um nicht das eigene Leben und das anderer Menschen zu gefährden."

Hotel in Südtirol geräumt

In Südtirol müssen nach dem Abgang einer Lawine viele Touristen aus einem Hotel in Sicherheit gebracht werden. Im Laufe des Tages sollen etwa 75 Touristen und einige Einwohner mit einem Hubschrauber aus dem Gefahrengebiet in Graun im Vinschau geflogen werden, berichtet die Nachrichtenagentur Ansa. Auf Anfrage in dem betroffenen Hotel Langtauferer Hof im Ortsteil Melago hieß es: "Es ist alles okay, wir müssen die Linie nur für Notrufe frei halten." Dem Nachrichtenportal "stol.it" zufolge liegt das Hotel in den Ausläufern des Lawinenkegels. Es gab keine Berichte über Verletzte oder Vermisste.

Ansa zufolge war die Lawine in der Nacht abgegangen. Die Lage sei ruhig und die Touristen "gelassen". Für den Nordwesten der Provinz war aufgrund der großen Schneemengen die höchste Lawinenwarnstufe 5 verhängt worden. "Es sind viele große Lawinen aus Windschattenhängen zu erwarten", hieß es im Lawinenlagebericht. Im Laufe des Tages soll die "spontane Lawinenaktivität" zurückgehen und damit auch die Lawinengefahr sinken.

Zahlreiche Lawinen

Die starken Schneefälle erschwerten auch die Anreise der Teilnehmer des Weltwirtschaftsforums in Davos. Der Skiort in den Schweizer Alpen war am Abend von einer dicken Schneeschicht bedeckt. In den vergangenen sechs Tagen seien 159 Zentimeter Schnee gefallen - eine Schneemenge, wie sie nur alle 20 Jahre beobachtet werde, teilte das Institut für Schnee- und Lawinenstudien mit.

Am Montag gingen viele Lawinen in Österreich und der Schweiz ab, ohne dass Menschen zu Schaden kamen. Eine davon rauschte zwischen Interlaken und Brienz in der Schweiz unter einer hohen Eisenbahnbrücke hindurch bis zum Brienzersee. Auf der wichtigsten Nord-Süd-Verbindung der Schweiz, der Autobahn A4, ging bei Gurtnellen eine Schlammlawine nieder. Die Autobahn wurde in beide Richtungen gesperrt. Damit war auch der Gotthard-Tunnel nicht passierbar.

Über 100 Skihütten in Chamonix evakuiert

Noch prekärer ist die Situation in einem der beliebtesten Skigebiete Frankreichs: Wegen hoher Lawinengefahr mussten im Wintersportort Chamonix am Fuße des Mont Blanc mehr als 100 Hütten geräumt werden. Hunderte Menschen wurden zudem von den Behörden angewiesen, in ihren Häusern zu bleiben. "Die Situation ist außergewöhnlich: Wir hatten so viel Niederschlag in nur 45 Tagen wie sonst in fünf Monaten", sagte der Bürgermeister von Chamonix, Eric Fournier. Derart viel Schnee gebe es "nur einmal in 15 Jahren".

Ähnlich angespannt ist die Situation in den südlichen Nachbarländern. Der Schweizer Wintersportort Zermatt war am Montag - bis auf Helikopterverbindungen - weiter von der Außenwelt abgeschnitten. Dort galt, wie in weiten Teilen der Schweiz, sogar die höchste Lawinenwarnstufe. Gäste und Einheimische wurden aufgerufen, sich lediglich in Gebäuden oder im Dorfzentrum aufzuhalten. Wanderwege blieben ebenso wie Straßen und Bahnstrecken gesperrt. Im Ort halten sich momentan etwa 9000 Touristen auf. Es ist unklar, wann sich die Situation wieder normalisiert.

Auch in anderen Orten in der Schweiz und in Österreich blieb die Lage schwierig. Im österreichischen St. Anton und im Paznauntal mit dem Wintersportort Ischgl waren ebenfalls Tausende Touristen eingeschneit. Ganze Täler im Oberwallis an der Grenze zu Italien waren wegen der Lawinengefahr weiterhin unzugänglich, darunter auch das Saas-Tal mit Saas-Fe.

Hochwassergefahr
Während die Alpenorte im Schnee versinken, steigt im Mittelland mit dem Tauwetter die Gefahr von Hochwasser. Auf einem Teil des Oberrheins wurde bereits am Montagabend die Schifffahrt eingestellt. Und auch auf der Mosel musste der Schiffsverkehr pausieren.

Die kleineren Bäche im Einzugsgebiet des Oberrheins melden aktuell vermehrt sinkende Pegelstände, so n-tv Wetterexperte Alexander. Am Rhein sei der Scheitel der Hochwasserwelle inzwischen in Basel durch. "In Maxau in Karlsruhe dürfte der Pegel heute Abend nach jetzigem Stand etwas über 8,50 Meter erreichen (also ähnlich hoch wie Anfang Januar). Der Neckar-Scheitel erreicht spätestens am Abend Heidelberg/Mannheim, bleibt aber unspektakulär."

Quelle: n-tv.de


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