Hans Modrow: „Ich habe dem Bundesnachrichtendienst ‚ aufs Fahrrad geholfen‘“

  06 März 2018    Gelesen: 1885
Hans Modrow: „Ich habe dem Bundesnachrichtendienst ‚ aufs Fahrrad geholfen‘“

Der westdeutsche Geheimdienst hat Hans Modrow, den letzten Regierungschef der DDR, ab Mitte der 1950er Jahre bis 2012 überwacht. Das Bundesverwaltungsgericht hat nun bestimmt, dass Modrow Einblick in seine Akten bekommen soll – allerdings nur in die Akten aus der Zeit vor der Wende. Modrow ist zwar zufrieden, will aber weiterkämpfen.

Das Urteil der Richter war eindeutig. Der Bundesnachrichtendienst wurde vom Bundesverwaltungsgericht in Leipzig beauflagt, dem Kläger, Hans Modrow, dem Vorsitzenden der Regierung der DDR von November 1989 bis April 1990, Akten zu seiner Person zusammenzustellen – innerhalb von zwei Monaten und entsprechend der von ihm verlangten Themenkomplexe und Zeiträume. Die Richter betonten, dass sie verfolgen werden, ob Modrow ausreichend Material zur Verfügung gestellt würde. Sollte dies nicht der Fall sein, dürfe Modrow weiter klagen.

„Das Gericht zieht Lehren aus meinem Fall“
Der ehemalige Spitzenfunktionär der DDR und heutige Alterspräsident der Partei Die Linke sieht im Sputnik-Interview in der Entscheidung des Gerichts ein Grundsatzurteil:

„Ich bin zunächst zufrieden damit, dass das Gericht die Verhandlung nicht abgelehnt hat, wozu sie das Recht gehabt hätte. Der Richter meinte dann auch im Laufe der Debatte, ich hätte dem Bundesnachrichtendienst ‚etwas aufs Fahrrad geholfen‘. Mit anderen Worten, das Gericht zieht auch Lehren aus meinem Fall für die weitere Behandlung dieser Problematik. Der BND muss sich also darauf einstellen, dass es weitere Anfragen auf Akteneinsicht von ehemaligen DDR-Bürgern geben wird.“

Modrow sieht seine Klage auch stellvertretend für die über 70.000 DDR-Bürger, die von westdeutschen Geheimdiensten ausspioniert wurden. Während Stasi-Akten eingesehen werden dürfen, gilt dies für BND-Akten nicht.

„Ich habe mit viel Aufwand und auch mit Kosten geklagt. Jetzt kann jeder Betroffenen Anfragen beim BND stellen und muss nicht vorher klagen“, so Modrow.

Der 90jährige ehemalige Regierungschef kämpft seit fünf Jahren persönlich und mit Hilfe eines Rechtsanwalts um Einsicht in seine Akten. Da ihm dies bisher stets verweigert wurde, zog er jetzt mit dieser Klage vor das Bundesverwaltungsgericht.

sputniknews


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