Wladimir Fejgin, Chef der russischen Denkfabrik Institute for Energy and Finance, sagte gegenüber Sputnik:
„Gazprom ist derzeit zweifelsohne der führende Gaslieferant an die EU. Die USA möchten eine Nische am europäischen Markt einnehmen – und wir werden eine Schlacht miterleben. Im August war ein Gesetz in den Vereinigten Staaten verabschiedet worden, wonach sie sich dem Bau von Nord Stream 2 entgegensetzen wollen. Nun werden direkt Sanktionen gegen diejenigen angedroht, die dieses Projekt finanzieren.“
Heather Nauert, Sprecherin des US-Außenministeriums, hatte zuvor in der laufenden Woche gesagt, die US-Regierung sei gegen Nord Stream 2: „Wir sind der Meinung, dass dieses Projekt im Großen und Ganzen Europas Energiesicherheit und Stabilität untergraben wird. Es wird Russland ein weiteres Mittel zur Verfügung stellen, um europäische Länder (besonders solche wie die Ukraine) unter Druck zu setzen.“ Nauert schloss auch US-Sanktionen gegen Unternehmen nicht aus, die am Bau der Pipeline mitarbeiten.
Fejgin kommentierte nun weiter: „All dies erinnert sehr an die Geschehnisse am Ende der 1960er und Anfang der 1970er Jahre, als es darum gegangen war, ob sowjetische Gaslieferungen nach Europa beginnen sollen. Damals wurde die Frage geklärt, möglicherweise wird man das auch jetzt tun. Die Situation ist aber sehr angespannt.“
Sandra Oudkirk, im US-Außenministerium als Deputy Assistant Secretary für Energie-Diplomatie zuständig, hatte kürzlich der russischen Agentur Sputnik gesagt: „Als Flüssigerdgas- und Ölexporteur konkurrieren die USA bereits mit Russland am globalen Markt. Wir sind bereit, auch am EU-Markt durch Gaslieferungen zu konkurrieren.“ Oudkirk räumte allerdings ein, dass die Gasmengen, die die USA an die EU liefern könnten, deutlich geringer seien als jene von russischem Pipeline-Gas. Generell wolle Amerika sein Flüssigerdgas überall anbieten, wo konkurrenzfähige Preise möglich seien. Die USA müssen sich aber mit einer Kostenoptimierung in Sachen Verflüssigung, Wiederverdampfung und Lagerung beschäftigen, hieß es.
Alexej Griwatsch, Vizechef der russischen Denkfabrik National Energy Security Fund, sagte in einem Sputnik-Gespräch, russisches Erdgas sei eine konkurrenzfähige und sichere Lösung für europäische Verbraucher. Ein Beleg dafür sei die Dynamik der Lieferungen an die europäischen Märkte in den letzten Jahren:
„Während der Phasen von Spitzenbelastungen deckt nur russisches Gas den Bedarf der europäischer Verbraucher, wobei kein zusätzliches Flüssigerdgas auf die europäischen Märkte kommt.“
Die Absichten der USA, den russischen Lieferungen Konkurrenz zu leisten, sind laut Griwatsch wirtschaftlich vorerst nicht besonders stichhaltig. Nur ein sehr geringer Anteil der Flüssigerdgas-Exporte aus den USA entfalle derzeit auf den europäischen Markt: „Dies geht auf wirtschaftliche Gründe zurück: Die Selbstkosten und alle Spesen sind bei amerikanischem Flüssigerdgas deutlich höher als jene Preise, die der europäische Markt anbieten kann.“
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